[70]  Die Adresse befindet sich auf der Rückseite des Faltbriefes. Er trägt die Aufschrift "PAID 25", den Stempel "OUTREMER LE HAVRE" und die Jahreszahl "44".

[71] 15 acres = 6,0600 ha; 45 Scheffelsaat = 5,3190 ha.

[72]  1 bushel = 35,24 l. - 1 bushel Weizen = 27,2 kg, Mais = 24,4 kg, Hafer = 14,5 kg.

[73]  "Riewer boden": engl. river bottom = Flußgrund, Flußniederung. - Indiana war zu dieser Zeit ungesund: dichtes Grasland und der Urwald mit seinen rauchigen Siedler-Lichtungen waren von Sümpfen und stauenden Flüssen und Bächen durchzogen. Die Luft war feucht, das Wasser nicht immer gut, das Blockhaus zugig und aus zunächst noch feuchten Stämmen. Die Ernährung war oft einseitig. Zu früh gingen Erkrankte wieder an die Arbeit, Haus- und Arzneimittel waren unzulänglich, ein Arzt zumeist nicht erreichbar oder vielen zu teuer. Fiebrige Erkrankungen (z.B. Malaria) traten vor allem im Spätsommer und im frühen Herbst auf (vgl. Anm. 178). - Das "Verzeichnis der Beerdigungen" enthält 1844 nur die Eintragung des "Gerhard Heinrich Vallhowe". Er starb mit 28 Jahren "an der Auszehrung und Wassersucht". - Vgl. auch Anm. 178. (Barnhart I 251ff.; St. Johannes, White Creek: Kirchenbücher)

[74]  "20 fuß" = 6,10 m. - Im Oktober 1840 wird er ein einfaches Blockhaus bezogen haben, schnell in Nachbarschaftshilfe errichtet, "die Logs in Schichten über einander gelegt und die Zwischenräume mit Lehm ausgefüllt, ... das Dach ... mit gerissenen Schindeln bedeckt, ... ein Heerd mit Lehmzug angebracht. ... Die Thüren und Fenster schlecht und letztere häufig ohne Glas." Auch J. H. zur Oeveste wird nun "ein neueres besseres Loghaus" gebaut haben, "mit einem gemauerten Heerde, Diehlen, guten Thüren und Fenstern". Ein "framehouse" könnte er in den 50er Jahren gebaut haben (Briefe fehlen von 1847 bis 1857): ein oder zweistöckig, "von Außen mit Brettern schieferartig bekleidet, während es von innen meistens getäfelt ist, ... von 2 bis zu 6 und mehr Stuben, ... der Fußboden mit Eichen- und sonstigen starken Holze bekleidet, ... ein schön gearbeiteter Kamin ...: in den Küchen findet man meist Fournaisen (frz., "Glutöfen"), welche ... für 4 bis 6 und mehr Töpfe eingerichtet sind".
Vergleiche das Stichwort "Bauern- und Heuerhäuser".
(Hodskin 306; Kaiser 9-37; Ottenjann 39-74; Schultze 27ff.; Westerfeld 150)

[75]  Im Mai 1844 hatten die "Whigs" Henry Clay (1777-1852), die "Demokraten" James K Polke (1795-1849) als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt; letzterer gewann am 4. November 1844 die Wahlen. - Der Demokrat Andrew Jackson (1767-1845, Präsident 1829-1837) hatte 1829 das "Futterkrippen-System" ("spoils system") eingeführt, d.h. den teilweisen Austausch der Angestellten im öffentlichen Dienst gemäß ihrer Parteizugehörigkeit. J. H. zur Oeveste dürfte diese Personalpolitik auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen mit Behörden und Grundherren in Deutschland beurteilt haben.
Johann Wolfgang Schreyer, der 1843 bei Bremen, ca. 75 Meilen (ca. 120 km) östlich von Chicago, 40 acres (16,16 ha) gekauft hatte, schrieb 1845 nach Hause, es gebe die Partei der "Demokraten" und der "Aristokraten", und die meisten Einwanderer hier wählten "demokratisch", denn "sie sind niemals Aristokraten gewesen". Ein "Business, Political and Religious Directory of Bartholomew Co., Ind." von 1874 enthält "Buroevesta, Henry, Sr." und "Jr." als "Dem Lutheran": von 115 deutschen Männern im "Wayne Township" haben sich 15 als Republikaner bezeichnet und 8 einer Angabe enthalten: 92 (80%) bekannten sich als "Demokraten", auch der Pastor "Henry Juengel" von der "Deutschen evangelisch-lutherischen St. Johannes-Gemeinde am White Creek".
Die Demokraten um Andrew Jackson kamen schon in den zwanziger Jahren den Interessen der Einwanderer entgegen: sie hatten sich erfolgreich dafür eingesetzt, die Einbürgerung zu erleichtern (1824), den Preis für (durchschnittliches) Staatsland auf 1,25 Dollar festzulegen (1820) und auch Einwanderern ohne Nachweis der amerikanischen Staatsbürgerschaft zu erlauben, erworbenes und besiedeltes Land in Raten abzubezahlen (1830). Dieser Partei der Siedler und kleinen Leute, der Gleichheit und der einzelstaatlichen Rechte hatten die "Whigs", die Partei der Unternehmer und Eliten, der (anglikanischen) "angestammten" Amerikaner und der bundesstaatlichen Rechte, in den Augen der Einwanderer wenig entgegenzusetzen.
Fremdenfeindliche Gruppen (Nativisten) waren 1835-1837 und 1842-1844, als die deutsche und irische Einwanderung einsetzte und zunahm, gewalttätig gegen Ausländer, vor allem gegen Katholiken, vorgegangen. Ende April 1844 bekam New York einen nativistischen Bürgermeister, und vom 6. - 8. Mai brannten hier und in Philadelphia katholische Kirchen, wurden Gasthäuser und Wohnungen zerstört, gab es Verletzte und Tote. "Viele angestammte Amerikaner benutzten die Whigs, um den Status der Fremden als gleichberechtigte Bürger anzugreifen" (Luebke), so daß 1844 viele Deutsche sicher waren, ein Sieg der "Whigs" werde den Erwerb der Staatsbürgerschaft von 5 auf 20 Jahre hinausschieben; Nativisten hatten dies gefordert. Der "Deutsche Demokratische Verein von Cincinnati" richtete am 11. Mai 1844 eine Adresse "An die Deutschen der Union", die Demokratische Partei zu unterstützen, die immer schon die Einwanderer und ihre Rechte unter ihren Schutzschild genommen habe, und die Whig-Wähler bei ihrer Partei zu lassen, bis sie schon sehr bald der Liebe zu ihrem Vaterland den Vorzug gäben. Pastor August Kröll von der St. Johannes-Gemeinde in Cincinnati hatte am 1. Mai 1844 auf dem "Deutschen Frühlingsfest" eine prodemokratische Festrede gehalten, der man bescheinigte, ein "Meisterstück an Eloquenz" gewesen zu sein. Auch deutsche Lutheraner, deren Ritualismus und Deutschtum viele evangelische Amerikaner ablehnten, suchten politische Zuflucht bei den Demokraten.
Die "Whigs" und die "Demokraten" hatten sich in den 30er Jahren von personengebundenen Parteien zu Parteiorganisationen entwickelt. Die "Whigs" hatten ihre Vorläufer in Politiker um James Madison (1751-1836, Präsident 1809-1817), die seit 1793/94 und in den 20er Jahren als "National-Republikanische Koalition" durch bundesstaatliche Aktivitäten und Schutzzölle Wirtschaft und Verkehr stärken wollten und damit die Interessen des industriellen Nordens und ihrer Rohstofflieferanten in Neu-England, New York und Ohio (Wolle), Kentucky (Hanf) und Louisiana (Zucker) und die der städtischen Politiker und Unternehmer, Ärzte, Anwälte und Künstler vertraten. Sie profilierte sich zu Beginn der 30er Jahre als Anti-Jackson-Partei, gegen dessen "Tyrannei" sie sich in der Tradition britischer bürgerlicher Unternehmer und Kaufleute, die im 17. und 18. Jahrhundert das Gewicht vom Königshaus auf das Parlament gelegt hatten, "Whig Party" nannte. "Whigs erkennen einander durch den Instinkt der Gentlemen", sagten viele in Virginia. Die Partei wurde auch unterstützt von den Gegnern der einwandererfreundlichen Politik der Demokraten. - Um Andrew Jackson hatte sich die "Demokratische Partei" profiliert. Die Pro-Jackson-Partei stand in der Tradition der Politiker um Thomas Jefferson (1743-1826, Präsident 1801-1809), denen es als "Förderalisten" um die Begrenzung der Bundesgewalt und um die Gleichheit des gemeinen Mannes ging: Regierung als fairer Ausdruck des Mehrheitswillens, möglichst vermittelt durch die direkte Wahl des Präsidenten. Auch unbemittelte Siedler sollten Land kaufen können, und ihr Geld sollte beständig sein (Münzen).
(Adams 1977; Carmony 288f.; Cline; Ford 138ff.; Heale; Holt; Klepper 44; Luebke 84; Schlesinger 219)

[76]  Der Vater Johann Heinrich Friedrich Rudolph Cassens zur Oeveste, geboren am 31. Januar 1775, ist am 16. November 1844 an der "Brustwasersucht" gestorben. Die Mutter, Maria Catharina Elsebein Erdbrügge aus dem oldenburgischen Neuenkirchen (6 km nordöstlich von Rieste), geboren am 17. März 1776, starb am 16. August 1848. Der Bruder Johann Ernst Rudolph, geboren am 18. August 1804, lebte und arbeitete als lediger "Ohm" zunächst auf dem elterlichen Hof; (vgl. Anm. 200). Die Schwester Margarethe Marie, geboren am 10. Januar 1818 (gestorben am 13. März 1856), hatte am 27. Mai 1844 in Neuenkirchen den Colonen Johann Heinrich Erdbrügge geheiratet, die Schwester Catharina Maria am 26. November 1839 den Colonen Johann Rudolph Kamlage (vgl. Anm. 52). "Holstein" war die angeheiratete Familie seiner Schwester Catharina Elisabeth (geboren am 21. Oktober 1798, gestorben am 8. Juli 1829 im Kindbett), die am 1. Mai 1820 den Colonen Johann Rudolph Holstein aus Rieste geheiratet hatte. J.H. zur Oeveste fragt nach deren Töchter Charlotte Maria Elisabeth Holstein (geboren am 30. Juli 1820) und Anna Amalie (geboren am 6. März 1826). Ein Sohn war 1833 im Alter von 10 Jahren gestorben, eine Tochter am 5. Juli 1829 tot zur Welt gekommen. Auf das Colonat Wittefeld hatte eine Schwester seiner Mutter eingeheiratet (vgl. Anm. 84). - Sein Bruder Johann Christian Friedrich, der Erbe des Colonats (geboren am 31. Januar 1807, gestorben am 28. Dezember 1884), hatte am 22. Mai 1841 Anna Catharina Erdbrügge, Tochter eines Colonen aus Neuenkirchen, geheiratet. J. H. zur Oeveste hatte dagegen in Cincinnati die Tochter eines Heuermanns und ländlichen Handwerkers geheiratet, keine Frau "aus den ansehnlichsten Vamilien", aber doch aus "einer Ehrlichen famielie"; vgl. Anm. 48  . (St. Martin, Bramsche: Kirchenbücher)

[77]  Vgl. die Anm. 34, 41 und 91.