Der
sich-beweisende Stil
Erscheinungsbild, Grundbotschaft
und seelischer Hintergrund
Die Erscheinungsform des
sich- beweisende Stils lässt sich sehr gut von der Grundbotschaft
her aufrollen:
Grundbotschaft des
sich beweisenden Stils
"In zahllosen Variationen hört
der Empfänger immer wieder das "Sieh her!" im Ohre
klingen: "Sieh
her,
- wie ich doch gelehrsam reden kann,
- was ich alles geschafft habe,
- was ich alles mein eigen nenne,
- wo ich überall als wichtige
Person gefragt bin,
- wen ich alles kenne (und mit wem
ich mich sogar duze!),
- wo ich überall maßgeblich
mitmische,
- worüber ich alles Bescheid weiß
und kluge Ausführungen machen kann,
- was ich schon für Heldentaten
begangen habe"!"
Solche narzisstischen Grundkundgebungen
können durchaus dezent, nur auf dem "Kanal der Beiläufigkeit"
vermittelt sein - jedenfalls fühlt der Angesprochene sich
immer wieder aufgefordert, mit anerkennendem Erstaunen nicht zu
sparen; vielleicht gerät er auch, besonders wenn er aus ähnlichem
Holze geschnitzt ist, unter Druck "mitzuhalten".
Beides kann die Beziehung schwierig machen.
"Der/die
sich Beweisende steht unter permanentem Druck:
Sich nach außen hin vollkommener zu geben, als einem innerlich
zumute ist, kostet viel psychische Kraft.
Ein
derartiger "hausgemachter" Stress wird verstehbar,
wenn man ein seelisches Axiom unterstellt, das den Selbstwert
von der hergezeigten Leistung abhängig macht:
"Ich selbst bin nicht (liebens)wert - nur in dem
Maße, wie ich "gut" bin, verdiene ich
Liebe und Anerkennung."
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"Ein Kind,
das sich nicht um seiner selbst willen
geliebt fühlt, muss frühzeitig auf Erfolg setzen und
lebt unter dem Damoklesschwert der Niederlage. Die Spitze dieses
Schwertes bekommt es nur allzu häufig in Form von Herabsetzungen
und Entmutigungen zu spüren: "Was, das kannst du nicht?
Sag mal, was kannst du überhaupt?!" Solche Sätze,
die von Eltern oder Lehrern gedankenlos oder vielleicht auch mit
dem Ziel, das Kind "anzuspornen", ausgesprochen werden,
können durchaus diesen Effekt haben - allerdings mit der
"Nebenwirkung" einer Persönlichkeit, die sich ständig
in Beweisnot wähnt. Zwischen Entmutigung und Ehrgeiz hin-
und hergerissen entsteht der Wunsch, "es ihnen zu beweisen".
(Schulz von Thun 1998: S.155 ff)
Der oder die Kommunikationspartner
einer Person, die sich im sich-selbst-beweisenden Stil befindet,
können leicht in Konkurrenz und damit ebenfalls in den sich-selbst-beweisenden
Stil geraten: sie wollen mithalten.
Ein symmetrischer
Teufelskreis entsteht, wenn in einer Gruppe Leute sind, die ebenfalls
hohe Ansprüche an den eigenen Kompetenzerweis stellen und
durch hochgescheite und "Maßstäbe setzende"
Beiträge ein Klima von Konkurrenz und Beweisnot schaffen:
Eine solche Gesprächsatmosphäre wirkt entweder hektisch
oder verkrampft und unlebendig. Keiner hört wirklich zu -
es lohnt sich auch nicht, denn die "Selbstprofilierungen"
der anderen bringen ja doch nichts Neues."
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