1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.1. Es geht immer nach dem Kommunikationsmodell










"Es geht immer nach dem Kommunikationsmodell
und niemals (nur) nach dem Kommunikationsmodell"

Wieso kann man so etwas sagen, das widerspricht sich doch!
Und dennoch ist die Aussage in ihrer Pointe richtig, dazu die folgende Erörterung:

"Es geht immer nach dem Kommunikationsmodell ...."
Kommunikationsmodelle versuchen, die komplexe Wirklichkeit der Kommunikation dadurch zu modellieren, dass sie die wesentlichen Faktoren, ("Größen") in Kommunikationsprozessen zu erfassen suchen. Sie sind damit natürlich nur vereinfachende "Modelle" der Wirklichkeit, nicht diese Wirklichkeit selbst.
Das älteste und zugleich einfachste Kommunikationsmodell ist das informationstheoretische, das aus der Nachrichtentechnik kommt und die Grundgrößen für die Übermittlung von Informationen angibt.

 

  • Um kommunizieren zu können, muss mindestens ein Sender (der eine Nachricht übermitteln will) und mindestens ein Empfänger (der zum Empfang bereit ist) vorhanden sein.
  • Um Informationen austauschen zu können, muss sich der Sender eines Kanals, manchmal auch Medium genannt, bedienen, z.B. der Schallwellen, der Lichtwellen, der Rundfunkwellen oder eines elektrischen Kabels.
  • In diesen Kanal (vgl. die Kanäle beim Rundfunk, Fernsehen) werden Signale eingespeist. Dazu ist es notwendig, die Nachricht in die für den jeweiligen Kanal geeigneten Signale zu verschlüsseln, zu encodieren.
  • Dazu bedient man sich eines (Verschlüsselungs-)Codes, der in etwa ein Verzeichnis von Signalen und Bedeutungen darstellt. (Denken Sie an Morsecodes, Geheimcodes, Flaggenalphabete usw.)
  • Der Empfänger muss natürlich auch über den Code verfügen, denn er muss die Signale ja wieder entschlüsseln, decodieren. Dadurch hat er natürlich nur eine rekonstruierte Nachricht, die nur im optimalen Falle mit der ursprünglichen identisch ist. ( vgl. das Spiel "Stille Post" ).
  • All dieses ist von einer allgemeinen Störquelle begleitet, die in der Informationstheorie "Rauschen" heißt. Denken Sie z.B. an das Rauschen in Rundfunk-oder Fernsehempfängern.


Das nachrichtentechnische Kommunikationsmodell können wir in verschiedene Richtungen interpretieren, z.B. mit Sprache in der Gesprächs- und Schriftkommunikation, also:

Dabei wird der Sender zum Sprecher oder Schreiber, der Empfänger zum Hörer oder Leser. Der Code ist der Code Sprache mit seinen Wörtern (genauer Wortkörpern und ihren Bedeutungen), der Kanal sind Schallwellen (Sprechen) oder Lichtwellen (Schriftkommunikation).


Speziell aus Gesprächen lernen wir, dass die Gesprächsrollen laufend wechseln, das heißt, der Sprecher ist zugleich Hörer und umgekehrt.




Wir wollen nun weitere Überlegungen anstellen, die sich auf mögliche Störungen beziehen - z.B.
dass die Partner "nicht die gleiche Sprache" sprechen und also sprachlich nicht kommunizieren können:


- dass sie zwar beide Sprecher des Deutschen sind, aber einen Dialekt sprechen oder ein verschiedenes Sprachregister benutzen und deshalb sogenannte "Sprachbarrieren" entstehen, so dass es nur teilweise zur Überschneidung der benutzten Codes kommt .

 

Hier beginnt bereits eine Schwierigkeit der Kommunikation: teilweises Nichtverstehen ist vorprogrammiert.
Natürlich kann auch nur der Lärm in der Umgebung dafür verantwortlich sein, dass Kommunikationspartner sich nur teilweise verstehen. Dieser (Störungs-) Lärm stünde für "Rauschen".
Die eben genannten Störungen kann man im Kommunikationsmodell noch erfassen, indem man sie bei einer Größe verortet, in "CODE" oder in "RAUSCHEN".

Problematischer wird es bei den in den jeweiligen Kommunikationspartnern liegenden möglichen Störquellen, beispielsweise:

  • der Unfähigkeit, zuzuhören und auf andere Menschen einzugehen;
  • der Unfähigkeit, seine "Rolle" zu finden;
  • der mangelnden Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen;
  • dem Desinteresse am anderen oder dem Inhalt der Kommunikation ("die Ohren auf Durchzug stellen");
  • dem Wissensdefizit;
  • der Angst sich bloßzustellen;
  • der Wahrnehmung des anderen als Konkurrenten;
  • dem Misstrauen dem anderen gegenüber aufgrund negativer Erfahrungen;
  • der mangelnden Fähigkeit, seine Gedanken, Gefühle, Wünsche auszudrücken;
  • dem negativen Selbstbild;
  • jemand redet von etwas, was es gar nicht gibt;
  • jemand will gar nicht verstanden werden oder meint etwas ganz Anderes;
  • jemand ist einfach nur " schlecht drauf ".

Solche Phänomene sind Störfaktoren der Kommunikation, die von Kommunikationsmodellen nicht erfasst werden können. Sie gehen von der Bereitschaft, Fähigkeit und dem Vermögen zur Kommunikation (bei)der Beteiligten aus.

Und hier wird der zweite Teil der Aussage wahr :

"..... und niemals (nur) nach dem Kommunikationsmodell.

Wenn man in Kommunikationsmodellen dennoch versucht, mit solchen internen, meist psychosozialen Störquellen umzugehen, dann geschieht das indirekt, z.B. indem man versucht, den Code durch innere und soziale Faktoren beeinflusst zu denken.

Man nimmt in diesem Modell an, dass der Code durch die inneren Befindlichkeiten der Kommunikationspartner, durch Gesprächsrollen (z.B. in der Vorlesung oder in der Diskussion), durch die Sache selbst (Fachsprache) etc. verändert wird.

 



Das Problem hat der Verhaltensforscher Konrad Lorenz gut zusammengefasst:

"Gesagt heißt nicht immer gesagt,
gesagt heißt nicht immer gehört,
gehört heißt nicht immer verstanden,
verstanden heißt nicht immer einverstanden,
einverstanden heißt nicht immer angewendet,
angewendet heißt nicht immer beibehalten."

Machen Sie sich einmal Gedanken darüber, was Lorenz damit im Einzelnen gemeint haben könnte, und versuchen Sie, dieses auf konkrete Gesprächssituationen zu beziehen.

0 Einführung    1.2 Ich und der andere

 




































































?

Was meint das Volk, wenn es sagt:
"Der Andere spricht eine ganz andere Sprache."

?

Was meint
das polnische
Sprichwort:
"Das einzig Wahre in der Zeitung sind die Anzeigen."

 

 








 


















 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Literatur