[140] Vgl. den folgenden Brief und
die Anm. 145 und 152.
[141] J.H. zur Oeveste mag an die Invasion
konföderierter Truppen in das südliche Indiana im Juli 1863 gedacht
haben, ohne sie im Brief zu erwähnen.
Er wird von der Einnahme der Gemeinde Salem (10. Juli), 25 Meilen (40
km) südlich vom White Creek, gelesen haben. Die republikanische "Seymour
Times" schrieb am 15. Juli 1863, "5 000 Rebellen" seien über Salem
hergefallen und hätten einen der dreihundert Verteidiger getötet,
5 verwundet, die übrigen gefangengenommen und selbst einen Soldaten
verloren. 500 Pferde habe man aus dem County mitgehen lassen, Waren im
Werte von 50 000 Dollar zerstört und im Keller von "Dr. Henderson`s
drugstore" 160 Gallonen (605 Liter) Whisky getrunken. Man wisse nicht,
ob Sympathisanten die "teuren Brüder des Südens" eingeladen hätten,
aber den Marodeuren seien die Namen von Kaufleuten, Handwerkern und Besitzern
guter Pferde sehr wohl bekannt gewesen. - Heinrich zur Oeveste (vgl. die
Anm. 145 und 152) schrieb
am 11. Juni 1864 seinen Eltern aus Walsboro vom "berüchtigten John
Morgan mit einer zahlreichen Bande", der wieder in Kentucky erschienen
sei. "Die Leute sind ... sehr besorgt, daß er hier wieder durchkommt,
voriges Mal kam er ungefähr 13 Meilen (21 km) von hier durch. ...
Er zerstört alles, was er findet, kapert Eisenbahnzüge und Schiffe
und plündert die Läden. Man hört von keinen Mordthaten ...
ausgenommen wenn sich jemand widersetzt." Am 20. Juli 1863 schrieb ein
Unions-Soldat seiner Frau in Indiana aus Tennessee, was Morgan veranstalte,
sei nicht schlimmer als das, was der Norden den Südstaatlern antue:
"Wir nehmen alles mit, was wir kriegen können und brennen ihnen die
Zäune und Häuser ab. ... Wir lassen ihnen nichts, wovon sie leben
könnten. Viele von Ihnen hungern so, daß sie uns um Suppe anbetteln."
Ein anderer schrieb einen Tag später: "Jetzt lernt Ihr auch einmal
die Schrecken des Bürgerkriegs kennen."
Vergleiche das Stichwort "Morgan,
John Hunt ".
(Ramage 158-182; Roller 1-25; Familie Schütte: Briefe des Heinrich
zur Oeveste; Seymour Times; Turner 76ff., 89)
[142] Am 4. Juli 1863, am Unabhängigkeitstag
der Vereinigten Staaten (1776), feierte der Norden seine ersten großen,
für den Erhalt der Union entscheidenden Siege: Im Westen, in Vicksburg
am Mississippi, kapitulierten 29 000 "Rebellen" bedingungslos, und im Osten
wurde deren Vormarsch in den Norden, nach Pennsylvania hinein, bei Gettysburg
blutig (Verluste: 51 000) abgewiesen (1.-3- Juli). Hier zog sich die geschlagene
Armee der Südstaaten in das vom Krieg geschundene Virginia zurück,
und im Westen strömte "der Vater der Gewässer ... wieder ungestört
ins Meer" (Abraham Lincoln); er trennte nun Arkansas, Louisiana und Texas
von den übrigen konföderierten Staaten. Im Westen hatte der Norden
seit Dezember 1862 erfolglos und verlustreich Vicksburg zu nehmen versucht,
und er hatte noch Anfang Mai im Osten bei Chancellorsville in Virginia
mit 134 000 Mann gegen nur 60 000 "Rebellen" verloren. Nach den Erfolgen
am 3./4. Juli hatten sich die geschlagenen Konföderierten den nur
zögernd nachrückenden Unions-Truppen und damit der möglichen
Vernichtung entzogen. Im Westen zogen die Konföderierten sich aus
Tennessee zurück und überließen den Yankees den Eisenbahnknotenpunkt
Chattanooga (9. September), wo diese schon 10 Tage später nach einer
schweren Niederlage am Chickamauga in Georgia (Verluste: 34 000) von den
"Rebellen" eingeschlossen wurden.
Als J.H. zur Oeveste am 10. November 1863 diesen Brief schrieb, war
seine unsichere und skeptische Beurteilung des Kriegsgeschehens angebracht.
(Boyer 508ff.; McPherson 615-665)
[143] Am 15. Juni 1863 hatte Abraham Lincoln
100 000 Mann für 6 Monate, am 17. Oktober 1863, einen Monat nach der
Niederlage am Chickamauga, 300 000 Mann für drei Jahre jeweils auf
der Grundlage des Wehrpflichtgesetzes vom März 1863 einberufen. (Bartholomew
County Historical Society 88)
[144] Die Zahl der Soldaten wird für die
Dauer des Krieges auf 2,1 Millionen auf Seiten des Nordens, auf 800 000
auf Seiten des Südens geschätzt. Die Einberufungen des Nordens
erbrachten bis zum 17. Oktober 1863 höchstens 1,2 Millionen
Soldaten, von denen im Juli 1861 ca. 220 000 und im Januar 1863 ca. 960
000 in der Armee dienten. Die höchste Zahl wurde 1864/65 erreicht:
1.050 000 Nordstaatler kämpften gegen 500 000 Südstaatler.
J. H. zur Oeveste hatte seine Zahlen der Zeitung "Weltbote" (vgl.
Anm. 211) vom 28. Oktober 1863 entnommen, die zwei Aufgebote vom Juli 1861
und 1863 um mindestens 600 000 Mann zu hoch angesetzt. J. H. zur Oeveste
hat sich in seinem Brief dem Text in der Zeitung überlassen: "Der
Süden hat, wenn man seinen Blättern glauben schenken darf, nicht
viel unter einer Million auf die Dauer des Krieges in's Feld gerufen, so
daß in den ganzen, 30 Millionen Einwohner zählenden Ver. Staaten
nahezu 3 Millionen Menschen binnen dritthalb Jahren unter die Waffen beordert
wurden. Das ist mehr, als unsre Bevölkerung für weitere dritthalb
Jahre zu ertragen vermag, wenn der Krieg in derselben rücksichtslosen
Weise wie seither fort geführt werden sollte, - das ist der zehnte
Theil der Gesammtbewohner der Union, Weiber und Kinder, Alt und Jung zusammengezählt."
(Bartholomew County Historical Society 88; Boyer 490; Current 522;
Mc Pherson 338, 351, 481ff.; Price 17; Weltbote)
[145] Der "Sohn Heinr.", Rudolph Heinrich zur
Oeveste, wurde am 24. Januar 1845 in Rieste als zweites der 4 Kinder des
Johann Christian Friedrich zur Oeveste und der Anna Catharina Erdbrügge
geboren (vgl. Anm. 76). Hoferbe war der jüngere
Bruder (vgl. Anm. 28) Rudolph Hermann (1848-1875).
(St. Martin, Bramsche: Kirchenbücher)
[146] J.H. zur Oeveste hatte als Kind die "französischen
Zeiten" in Rieste und Bramsche erlebt.
Pastor Lange von St. Martin in Bramsche hat seine Eindrücke von
den "französischen Zeiten" in seinen "Historischen Merkwürdigkeiten"
festgehalten. Im Juni 1803 seien "die ersten Franzosen nach Bramsche" gekommen,
"ganz unerwartet während des Gottesdienstes". Sie "betrugen sich schon
gut", im Gegensatz zu den Preußen von 1806, "die Tapferkeit und Bravour
bloß im Munde hatten, ... vorzüglich der Liederlichkeit ergeben".
Das Königreich Westfalen brachte die Aushebung von Soldaten, die "Conscription"
("Ein Stellvertreter kostete nur 100-150 Thaler"), aber auch einträglichen
Schmuggel und Transport englischer Waren. Am 10. Dezember 1810 wurde auch
Bramsche französisch. Napoleons Geburtstag (16. August) habe "feierlichst
in der Kirche durch Te Deum und nachher durch Schmaus und andere Lustbarkeiten
begangen" werden müssen: "Wir wurden gezwungen, fröhlich zu sein."
Man habe "die eiserne Schwere der französischen Regierung ... empfunden":
Einquartierungen, Konskriptionen, hohe Steuern, Lebensmittel- und Pferdelieferungen,
Fuhrdienste, Preissteigerungen, willfährige Deutsche im Dienste der
Franzosen, Bestechung und Bereicherung. Am 22. Juni 1812 marschierte Napoleon
in Rußland ein: "Aus Bramsche waren anteiligerweise auch viele junge
Leute als Konscribirte bei der Armee". Schon am 19. Dezember 1812 habe
die Zeitung das "Bulletin" zum Rückzug gebracht. Wie ein "roher Wüterich"
habe Frankreich nun gehaust. "Für die Truppen mußte alles geliefert
werden, Mehl zu Brot und Futter für die Pferde, Branntwein, Steinkohl,
Bier, Lichter, Schlachtvieh ..." Am 16. November 1813 seien "die letzten
20 Franzosen" durch Bramsche gekommen, schon am 11. November die ersten
Befreier eingetroffen, "12 bärtige Krieger vom Don", denen man mit
"Kirchenfahnen, Willkomm-Pokal, 4 Musikanten und Branntwein im Überfluss"
entgegengezogen sei. Man habe ihnen Quartier gegeben, "Kaffee, Zucker und
Wein", aber keine "Frauenspersonen ..., wofür sie viel Geld boten".
"Mit Handschlag und Küssen" habe der "Krieger vom Don" sich bedankt:
"Gut Kamrad, Gut, gut. Franzuski kaput, kaput". (St. Martin, Bramsche:
Lange)
[147] Vgl. den folgenden Brief an den Neffen.
[148] Vgl. Anm. 84.
- Die "Jugendfreunde ... Bernhardt und Elisabeth in Walle(n)" bei Alfhausen
wurden nicht ermittelt.