Skandale
Der erste bundesweite Skandal wurde im September
1872 von der Zeitung
"Sun" (New York) aufgedeckt. Direktoren der Union-Pacific
Eisenbahngesellschaft
hatten die "Credit Mobilier Baugesellschaft" gegründet und vor allem
ihr den Bau der transkontinentalen Linie übertragen. Für Leistungen
in Höhe von 50 Millionen Dollar zahlten sie ihrer eigenen
Baugesellschaft
73 Millionen, darunter einen hohen Anteil öffentlicher Mittel.
Aktienpakete,
die bis zu 348% Dividende abwarfen, wurden Kongressmitgliedern und
Regierungsbeamten
zugeschoben, auch Grants Vizepräsidenten von 1869-1873 und 1873-1877.
Mit einer Rüge wurde die Affäre am 28. Februar 1873 abgeschlossen.
Am 3. März 1873 bewilligte sich der Kongress eine Erhöhung
der Diäten um 50% und dem Präsidenten nebst obersten Richtern
von 100%, zwei Jahre rückwirkend. Präsident Grant hatte das Gesetz
widerspruchslos unterzeichnet, aber wütender Protest draußen
im Lande ließ die Parlamentarier ihre Diätenerhöhung am
20. Januar 1874 zurücknehmen.
Im November 1874 hatten die Demokraten erstmals seit 1860 die
Kongresswahlen
gewonnen. Sie richteten Untersuchungsausschüsse ein, die bald fündig
wurden.
Am 1. Mai 1875 drang der "Whiskey Ring Skandal" an die
Öffentlichkeit.
Fabrikanten hatten im Zusammenspiel mit Regierungsbeamten einige
Millionen
Dollar Steuern hinterzogen. Der Privatsekretär Präsident Grants
war beteiligt, wurde von diesem vor Bestrafung bewahrt, aber aus seinem
Amt entlassen.
Im Februar 1876 wurde der Kriegsminister beschuldigt,
Handelsniederlassungen
in Indianer-Reservaten gegen Bestechungsgelder vergeben zu haben (vgl.
Anm. 127). 24.450 Dollar wies man ihm nach. Um einer förmlichen
Untersuchung
zuvorzukommen, trat er am 2. März 1876 zurück. Präsident
Grant verabschiedete ihn noch am selben Tag "mit tiefem Bedauern".
Präsident Grant hatte weitere Skandale hingenommen oder
hinnehmen
müssen. Sein Gesandter in Brasilien betrog die dortige Regierung um
100.000 Dollar. Er floh nach Europa; Washington hatte sich zu
entschuldigen
und zu zahlen. Der Leiter der Zollverwaltung in New York war wegen
Korruption
nicht mehr zu halten. Grant "bedauerte" seinen Rücktritt, ließ
aber dessen nicht weniger korrupten Kollegen in New Orleans im Amt.
Sein
Marineministerium verkaufte Aufträge, und sein Innenministerium
arbeitete
mit Bodenspekulanten zusammen. Kohlehaltiges Land wurde seit März
1873 für 10-20 Dollar verkauft, 160 acres (64,64 ha) an einzelne und
320 acres (129,28 ha) an Gruppen. Mit Hilfe von Einschüchterungen
und Strohmännern brachten einzelne große Ländereien zusammen.
Grubenbesitzer bestachen Regierungsbeamte, die brutaler Ausbeutung von
Bergarbeitern abhelfen sollten. Unternehmer kauften Anwälte und
Richter,
Parlamentsmehrheiten und Verwaltungen. Sie beherrschten Gemeinden mit
ihrem
Geld und Märkte mit ihren Monopolen. John Davison Rockefeller
(1839-1937)
z.B. hatte sich auf Erdöl konzentriert. Er bestach Legislativen,
erzwang
für sich konkurrenzlos niedrige Frachtraten, warf Konkurrenten aus
dem Markt und beherrschte 1875 schon 50% des Ölgeschäfts von
der Förderung bis zum Verkauf der Endprodukte; auf 90% hatte er es
schließlich gebracht und auf ein Vermögen von 530 Millionen
Dollar. 1913 gründete er die Rockefeller-Stiftungen.
1876 nominierten die Republikaner Ulysses S. Grant nicht noch
einmal
als Präsidentschaftskandidaten. Der betrügerische Bankrott eines
Freundes brachte ihn um sein Vermögen. An Kehlkopfkrebs erkrankt,
schrieb er seine Memoiren, um seine Schulden zu bezahlen und seiner
Frau
ein gesichertes Leben zu ermöglichen. Er vollendete das Manuskript
wenige Tage vor seinem Tod (23. Juli 1885). Es brachte der Witwe
500.000
Dollar ein. (Nachweise: Anm. 226)