Personen

Barbara Paul, Prof. Dr.

Lena Radtke, MA, WM

Tobias Vogt, Prof. Dr.

Kea Wienand, Dr., WM

Oliver Klaassen, MA, WM

Theorie und Geschichte der Kunst und visuellen Kultur

Kunst, ihre Geschichte und Theorie interessieren uns im Kontext. Gefragt wird, wie sie an sozialen, politischen Prozessen und nicht zuletzt auch an der Mediengeschichte beteiligt sind und zugleich durch sie bestimmt werden. Kunst als eine spezifische, historische Form ästhetischer Praxis befindet sich schließlich immer auch im Austausch mit anderen Formen kultureller, nicht nur visueller Praktiken. Unter „visueller Kultur“ werden Praktiken des Zu-Sehen-Gebens verstanden, die weit mehr als Kunst umfassen – wie etwa Architektur, Illustration, Werbung, Web-Design, also Praktiken, die aus dem Alltag und der Wissenschaft nicht wegzudenken sind. Insofern geht es auch um Fragen, die häufig unter dem Stichwort der Bildwissenschaft erörtert werden. Damit schließen sich inter-/transdisziplinäre ebenso wie Fragestellungen der Intermedialität an.

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Der Begriff der Kunst ist historisch geworden und befindet sich zugleich in ständiger Veränderung ebenso wie die Institutionen der Kunstvermittlung, seien es Ausstellungen oder Museen oder auch technische Reproduktionen. Sie fördern nicht nur unterschiedliche Zugänge zu künstlerischen Arbeiten, sondern auch unterschiedliche Bewertungen, beinhalten je spezifische Ein-und Ausschlüsse.

Fragen an die Geschichte sind immer aus der Gegenwart formuliert. Dies gilt auch für die Geschichte der Kunst. Der Schwerpunkt unserer Lehr- und Forschungspraxis liegt auf dem Feld der (west)europäischen und nordamerikanischen Moderne und auch Post- bzw. Spätmoderne. Frühere künstlerische Praktiken und Objekte werden jedoch ebenfalls besichtigt, insbesondere wenn sie zum Verständnis der Gegenwart (und sei es zur Kontrastierung) notwendig sind. Das kann etwa für Körper- und Geschlechterbilder gelten, aber auch für Vorstellungen von Raum und Zeit ebenso wie für Theoreme der Kunstkritik und Kunstgeschichtsschreibung. Ohne den Blick zurück bleibt auch die Gegenwart unverstanden und Zukunftsentwürfe lassen sich nicht wirklich begründet formulieren.

Prozesse der Globalisierung haben längst auch den Kunstbetrieb erfasst, haben das tradierte Verständnis von (europäischer) Kunstgeschichte gründlich in Frage gestellt und fordern die Institutionen des Kunstbetriebs heraus. Inwiefern Konzepte einer „globalen Kunstgeschichte“, wie sie aktuell vielerorts diskutiert werden, eine adäquate Antwort auch auf diese Herausforderungen darstellen können, bleibt fraglich. Postkoloniale Bewegungen in verschiedenen Teilen der Welt verlangen nicht nur unsere tradierten Vorstellungen von Moderne, Zentrum und Peripherie zu hinterfragen, sondern auch den Umgang etwa mit Weiß-Sein als hierarchisches Ordnungsprinzip zu revidieren.

Sie forcieren nicht zuletzt auch Fragen danach, welchen Anteil Kunst und visuelle Kulturen an der Herstellung und Verfestigung von Ungleichheiten haben – zwischen Geschlechtern, Ethnien, Klassen und Schichten, Fragen, wie sie auch von sozialen Bewegungen wie Frauenbewegung, Lesben-, Schwulen-, Trans- und Queer-Bewegungen, antirassistischen Bewegungen gestellt werden (siehe auch „Kunst- und kulturwissenschaftliche Gender Studies“).


Aktuelle Forschungsprojekte

Wertpapiere der Kunst. Authentifizierung als künstlerisches Konzept in Zeiten von Finanzkrisen 1720-2020

Ein DFG-Projekt von Prof. Dr. Tobias Vogt unter Mitarbeit von Lukas Töpfer, M. A. gepris.dfg.de/gepris/projekt/514731806

Mit den voranschreitend digitalisierten und globalisierten Informationstechnologien hat der Einsatz von Authentifizierungen nicht nur in der Ökonomie und im Recht, sondern auch in der bildenden Kunst an Beachtung gewonnen. Das Forschungsprojekt untersucht nun erstmalig künstlerisch konzipierte Zertifikate und Verträge, die als Authentifizierungsverfahren seit dem frühen 18. Jahrhundert durch verstärkte kapitalistische und koloniale Handelsbeziehungen für den Status und Wert von Kunstwerken konstitutiv geworden sind. Leitend ist die Annahme, dass gerade Kunstschaffende diese spezifischen Verfahren der Authentifizierung selbst reflektiert und in die Struktur ihrer Werke integriert haben. Im Zentrum des Projekts steht erstens die Frage nach einer Kunstgeschichte von Authentifizierungen in übergreifend sozial- und finanzhistorischen Zusammenhängen und zweitens die Frage nach der Konzipierung der Authentifizierung zwischen Beiwerk und Werk. Es arbeitet also historisch und theoretisch auf, was bislang kunstwissenschaftlich nur marginal und partikular erforscht ist, derzeit aber am Beispiel digitaler Zertifizierungspraktiken von reproduzierten Kunstwerken sogar eine breite Öffentlichkeit erreicht. Die Hypothese lautet, dass Authentifizierungen insbesondere dann als künstlerisch konzipiert hervortreten, wenn sich ein vorherrschendes Wertgefüge im Finanzwesen radikal transformiert. Es gilt zu rekonstruieren, wie diese Authentifizierungen in fünf neuralgischen Zeiträumen zwischen 1720 und 2020 zu „Wertpapieren der Kunst“ werden, die nicht nur auf diese Krisen reagieren, sondern hier auch als Kommentar, Kritik oder gar Korrektiv auftreten. Dies möchte das Projekt anhand von Subskriptionsscheinen und verwandten Druckgrafiken um 1720 in London, von Karikaturen und Trompe-l’œils von Papiergeld in Zeiten der Französischen Revolution, von künstlerisch durchwirkten Anleihen in den Goldenen Zwanziger Jahren, von Authentifizierungen in der New Yorker Conceptual Art sowie von Verträgen und Zertifikaten in gegenwärtigen Installationen nachweisen. Im Hintergrund erscheint somit ein finanzhistorisches Spektrum, das von der geplatzten „South Sea Bubble“, einer frühen Spekulationsblase durch transatlantischen Versklavtenhandel, zu den globalen und zugleich digitalen Märkten der Gegenwart reicht. Das Projekt gliedert sich in zwei Teile, die so verzahnt sind, dass sie jeweils kunsthistorische Konstellationen und kunsttheoretische Analysen unterschiedlich gewichten. Die zentralen Forschungsfragen betreffen also sowohl die Verflechtung der Kunst- mit der Finanzgeschichte als auch eine Neuausrichtung des „Werk“-Verständnisses über die Begriffe „Parergon“ und „Paratext“ hinaus, um von zwei Seiten – historisch wie theoretisch – die hier behauptete Verschiebung der Authentifizierung von Kunst zur Authentifizierung als Kunst zu analysieren.

 

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