ITAGAP

ITAGAP

Integrierte Technik- und Arbeitsprozessentwicklung für Gesundheit in der ambulanten Pflege

Das übergreifende Ziel des Verbundprojekts ITAGAP besteht in der Entwicklung integrierter technikgestützter und umsetzungsorientierter Konzepte zur salutogenen Arbeitsprozessgestaltung in der Pflege. Das interdisziplinäre Konsortium widmet sich der Entwicklung von personalen und organisationalen Konzepten und Maßnahmen, die präventive Lösungsstrategien für konfliktreiche und gesundheitlich belastende Situationen in der ambulanten Pflege unter pro-aktiver Entwicklung und Nutzung von Potenzialen der Sensor- und Informationstechnologie aufgreifen und diese in bestehende IT-Systeme integrieren. Diesem Ansatz einer technikgestützten Pflege wird aus Sicht der Forschung und der Anbieter das Potenzial zugeschrieben, berufliche Belastungen zu reduzieren und damit  auch mehr Effizienz (sowie mehr Qualität) in den Pflegealltag zu bringen und die verstärkte Nachfrage nach Pflegedienstleistungen unter Einhaltung der betriebswirtschaftlichen und gesetzlichen Vorgaben zu meistern. Dies betrifft zum einen die computergestützte Pflegeplanung und -dokumentation sowie zum anderen die Assistiven Systeme (AAL, „Ambient Assisted Living“), die in den letzten Jahren entwickelt wurden, um im häuslichen Umfeld der zu Pflegenden ein höheres Maß an Autonomie, Lebenszufriedenheit und Lebensqualität von älteren oder eingeschränkten Menschen zu gewährleisten.

Hintergrund und Problem / Bedarf

Übergeordnetes Ziel der Abteilung Assistenzsysteme und Medizintechnik ist im Rahmen des Projekts die Entwicklung eines Mess- und Analyse-Systems, das es ermöglicht, Bewegungen von Pflegekräften zu observieren und entsprechende Schlüsse daraus abzuleiten. Dies zielt auf eine Entlastung der Pflegekräfte, die nicht primär auf eine Optimierung organisatorischer Faktoren abhebt (Optimierung von Routen oder Abläufen), sondern die körperliche Beanspruchung in den Mittelpunkt stellt. Langfristig wird so die Arbeitssituation verbessert und ein längeres und stärker ausgeglichenes Arbeitsleben ermöglicht. Das entlastet gleichzeitig das Gesundheitssystem, da frühe Personalausfälle durch Erkrankungen des Bewegungsapparates verringert werden.

Ansatz

Bildnachweis: Paul Hahn, Johanniter

Als erstes Teilziel wird zunächst eine Analyse der Ist-Situation durchgeführt. Dafür steht das in der Abteilung betriebene Pflegelabor zur Verfügung, das ein ambulantes Pflegeszenario nachbildet und bereits über eine gute technische Infrastruktur verfügt. Diese wird für die projektspezifischen Anforderungen weiter angepasst. Hier können zudem technische Entwicklungen unter realistischen, aber überwachten Bedingungen getestet und Personen in der Technikanwendung geschult werden. In einem weiteren Schritt wird eine Erhebung und Analyse der vorhandenen technischen Ausstattung der ambulanten Pflege durchgeführt. Es ist geplant, potenziell neue Technologien bzw. Konzepte möglichst passgenau in den bestehenden Pflegealltag zu integrieren, da nicht zu erwarten ist, dass eine kurzfristige tiefgreifende Änderung des Status quo durch die neu erdachten Konzepte herbeigeführt werden kann. Ergebnis ist eine Bestandsaufnahme von aktuell erhältlichen und angewandten Technologien in der ambulanten Pflege mit gleichzeitigem Blick auf die Trends der weiter steigenden technischen Durchdringung des Arbeitsalltags. Dies stellt die Basis für die technischen Weiterentwicklungen des Teilvorhabens dar.

Als zweites Teilziel steht eine möglichst automatisch, per Algorithmen durchgeführte Analyse der in der Ist-Situation aufgenommenen Daten an, um Bewegungsabläufe zu erfassen und bewerten. Dabei kommen verschiedene, teils redundante Sensortechnologien zum Einsatz, die die Bewegungen von Personen mit hohem Detailgrad erfassen können. Diese Daten werden zu dreidimensionalen Abläufen zusammengesetzt und analysiert. Basierend auf physiologischen Empfehlungen und Modellen typischer Bewegungsabläufe werden hierbei anschließend kritische Situationen identifiziert. Die hier entstehenden Ergebnisse können nach Projektende auf weitere Forschungsfragen übertragen werden, z.B. in den Sport- und Bewegungswissenschaften. Es ist daher auch ein Austausch mit weiteren Disziplinen geplant, die von den hier erarbeiteten Ergebnissen profitieren können sowie gleichzeitig einen weiteren Input für die Arbeiten im Projektkontext liefern. Die genannte Redundanz ermöglicht einen modularen Aufbau des Systems, bei dem der Ausfall einzelner Komponenten die Gesamtfunktion nicht völlig beeinträchtigt. Insgesamt wird der Fokus nicht nur auf die rein körperliche Bewegung der Pflegekräfte gelegt, sondern auch auf deren Interaktion mit technischen Hilfsmitteln. Dadurch sollen Schwachstellen und Verbesserungspotenziale bei aktuell genutzten Hilfsmittel(-technologien) aufgezeigt werden, was ebenfalls ein zentraler Einflussfaktor auf den Arbeitsalltag ist. Ergebnis ist damit ein modulares Sensorsystem, das möglichst flexibel eingesetzt werden kann, um Bewegungen und Interaktionen von Personen und technischen Hilfsmitteln zu erfassen. Dabei wird die Datenverarbeitung unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, um die bestimmungsgemäße Verarbeitung zu garantieren.

Als drittes Teilziel werden die im Laborumfeld erhaltenen Daten mit realen Daten aus dem Feld evaluiert und validiert. D.h., das entwickelte Sensorsystem wird aus dem Labor-Betrieb in den Alltags-Betrieb überführt. Dazu werden die entwickelten Komponenten von vorneherein so konzipiert, dass ein Transport und eine Installation eines Mess-Systems vor Ort im Pflegealltag möglich ist. Das wird unter anderem dadurch erreicht, dass die Datenerhebung durch verschiedene Sensorsysteme erfolgt, die je nach den zur Verfügung stehenden Platz und Anwendungsmöglichkeiten gezielt gewählt werden können, ohne wesentlich an Informationsgehalt zu verlieren. Dies ermöglicht eine unmittelbare Interaktion der Pflegekräfte mit der Technik. Durch den Trend zur immer stärkeren Durchdringung des Arbeitslebens mit Technik findet auf diese Weise eine kontrollierte Heranführung und Gewöhnung statt. Auch der Umgang mit der neuen Technik kann objektiv beobachtet werden. Damit entsteht als Ergebnis ein Werkzeug, das frühzeitig eine Rückmeldung auf Probleme bei der Technikhandhabung und bei der körperlichen Bewegung im Arbeitsalltag beinhaltet.

Kooperationen / Förderung

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderprogramms "Arbeiten-Lernen-Kompetenzen entwickeln. Innovationsfähigkeit in einer modernen Arbeitswelt" vom 01.07.2016 bis 31.08.2019 gefördert.

Beteiligte Partner:

Johanniter Unfall-Hilfe (Koordinator)

Universität Oldenburg, Assistenzsysteme und Medizintechnik

Universität Oldenburg, Personal- und Organisationsentwicklung

Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar

Christlicher Pflegedienst Bramsche

(Stand: 19.01.2024)  | 
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