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» Oktober 1999
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Robert Biedermann

Rolf Niedringhaus

 

5. Oktober 1999   262/99

6. Mitteleuropäische Zikadentagung an der Universität

Oldenburg. Neuste Forschungsergebnisse über Zikaden, eine hierzulande eher unbekannte Insektengruppe, standen im Mittelpunkt der "6. Mitteleuropäischen Zikadentagung", die am vergangenen Wochenende an der Universität Oldenburg stattfand. TeilnehmerInnen waren BiologInnen aus Österreich, Tschechien, Slowenien, Ungarn, der Schweiz und der Bundesrepublik. Veranstaltet wurde die Tagung von den Oldenburger Biologen Dr. Robert Biedermann und Dr. Rolf Niedringhaus, beide Fachbereich Biologie, Geo- und Umweltwissenschaften.

"Zikaden als Objekte der ökologischen Grundlagenforschung" lautete eines der Schwerpunktthemen. In diesem Zusammenhang erhoffen sich die WissenschaftlerInnen u.a. Erkenntnisse über Besiedlungsvorgänge und Populationsdynamik durch Zikaden als Modellgruppe. Aber auch die Unterscheidung äußerlich nicht zu trennender Arten anhand ihrer Gesänge mittels bioakustischer Methoden, die Entdeckung und Beschreibung neuer Arten oder die Abhängigkeit zwischen Zikade und Wirtspflanze gehören in diesem Bereich zur ökologischen Grundlagenforschung.

Zum zweiten Schwerpunktthema der Tagung wurden Erkenntnisse über die "Zikaden als Objekte der angewandten Landschaftsökologie" ausgetauscht. In diesem Bereich standen die Zikaden als Zeiger für den ökologischen Zustand von Landschaften sowie der Schutz seltener und gefährdeter Arten im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses.

Auf einer Exkursion in den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf die ostfriesische Insel Norderney konnten sich die TagungsteilnehmerInnen ein Bild von einer der letzten großräumigen Primärlandschaften im nördlichen Mitteleuropa machen, einer Landschaft mit vielen seltenen und nur hier lebenden Zikaden. Schließlich wurde auf der Tagung eine Arbeitsgruppe gegründet, die ein umfassendes Bestimmungswerk für die mitteleuropäischen Zikaden verfassen soll.

Biologischer Exkurs:
Zikaden werden oft mit Heuschrecken verwechselt, beide Gruppen sind aber nicht näher miteinander verwandt. Es gibt allerdings Gemeinsamkeiten. So ernähren sich sowohl Zikaden als auch die meisten Heuschrecken von Pflanzen. Zikaden allerdings saugen mit einem Rüssel den Pflanzensaft, während Heuschrecken ganze Pflanzenteile abbeißen und fressen. Zikaden sind dabei sehr wählerisch. Viele Arten leben nur an einer bestimmten Pflanzenart, oftmals in Feuchtwiesen und Trockenrasenflächen, aber auch in Gebüschen, Hecken und Wäldern. Zikaden sind bekannt durch ihre Gesänge, wobei die in Deutschland heimischen Arten für den Menschen nicht hörbare Laute erzeugen. Jedem Mittelmeerurlauber sind allerdings die lauten Gesänge der bis zu fünf Zentimeter großen Singzikaden bekannt, die bevorzugt in den Kronen von Bäumen leben. Die rhythmischen Gesänge sind artverschieden und dienen der Partnerfindung und der Revierabgrenzung. Die Lauterzeugung geschieht auf eine im Tierreich einzigartige Weise: Verstärkte Teile des Hinterleibs werden durch Muskelzug eingezogen und springen anschließend zurück, so dass ein knackendes Eindellen und Zurückspringen die Folge ist - der sogenannte Blechdoseneffekt. Beide Geschlechter besitzen Gehörorgane, durch die sie Vibrationen wahrnehmen.

Eine weitere allseits bekannte Zikadenart ist die Wiesenschaumzikade, die den im Frühjahr an Pflanzen sichtbaren "Kuckucksspeichel" produziert. Es handelt sich dabei um Schaumbläschen, die durch Einblasen von Luft in die eiweißhaltige Kotflüssigkeit der Larven entsteht. Der Schaum schützt die darin sitzende Larve vor Feinden und erhält die für die Weiterentwicklung nötige Feuchtigkeit und Temperatur.

Obwohl Zikaden zumeist recht klein (weniger als 1 Zentimeter) sind, läßt sich bei genauerer Betrachtung eine große Formenvielfalt erkennen. In Deutschland kommen mehr als 600 verschiedene Zikadenarten vor, in Mitteleuropa über 1.000. Weil viele Arten auf bestimmte Lebensräume spezialisiert sind, liegt der Anteil der auf der Roten Liste der gefährdeten Tiere stehenden Zikadenarten bei fast einem Drittel. 56 Arten sind sogar vom Aussterben bedroht.

Kontakt: Dr. Ro

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