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Ökologische Unternehmensführung oder: Wie werden die Bösen die Guten?

von Reinhard Pfriem

Das Projekt "Ökologische Unternehmensführung" wird nach wie vor kritisch beäugt - von links wie rechts. Von links, weil den Unternehmen und Unternehmern weiter nicht zugetraut wird, ernsthaft an anderes zu denken als an die sogenannte Gewinnmaximierung. Von rechts, weil die Sicherung des sogenannten Standorts Deutschland (bei ernsthafter Prüfung eine nationalistische Platitüde) angeblich erfordere, betrieblichen Umweltschutz auf ein Minimum zu reduzieren. Dieser Artikel versucht insbesondere historisch und politisch aufzuklären gegen zwei zu einfache Weltbilder, die vielleicht weniger entgegengesetzt sind, als sie selber tun.

Die Carl von Ossietzky-Universität galt und gilt als Reformuniversität, was neben der Frage, wie weit die damit verbundenen Ansprüche (noch) Geltungskraft haben, an den gesellschaftspolitischen Rahmenhintergrund ihrer Gründungszeit zurückerinnert: Die Phase von 1967/68 bis Mitte der 70er Jahre war in der westdeutschen Bundesrepublik geprägt u.a. durch eine Renaissance solcher gesellschaftstheoretischer und -politischer Vorstellungen, in denen die erwerbswirtschaftlich orientierten Unternehmen bzw. Unternehmer als Hauptquelle sozialen Übels fungierten.

70er Jahre: Ökologiebewegung als antikapitalistisches Projekt

Inzwischen lohnt es schon wieder, sich der politischen Wurzeln und Ausprägungen dessen zu erinnern, was sich in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland als Umwelt-schutzbewegung entwickelte und nach einer Reihe von Jahren u.a. zur Herausbildung der Partei "Die Grünen" führte. Vor dem Hintergrund zahlreicher Demonstrationen gegen den forcierten Ausbau der Atomenergienutzung unter der Bundeskanzlerschaft von Helmut Schmidt, darunter solchen, die trotz sechsstelliger Teilnehmerzahl verboten wurden, sollte nicht vergessen werden, daß sich vor 20 Jahren eine breite Umweltschutzbewegung hierzulande als das ziemlich präzise Gegenteil von betrieblichem Umweltmanagement entwickelte: es ging um nicht weniger als den Versuch, einer immer fragwürdiger werdenden Entwicklung und Nutzung moderner Technologien, wofür die Atomenergie nur als besonders prominentes Beispiel stand, Sand ins Getriebe zu schütten. Das war im wesentlichen die ökologische Ergänzung und Erweiterung vorhandener antikapitalistischer Gesellschaftskritik im Sozialen. Bemerkenswert war (und ist in heutiger Betrachtung immer noch), daß in diesen Jahren im Unterschied zur im wesentlichen bei negativer Gesellschaftskritik verharrenden 68er Bewegung zunehmend Ideen über konkrete Utopien und Alternativen in einzelnen gesellschaftlichen und auch technischen Bereichen entwickelt wurden.

Diejenigen, die etwa in Kalkar durch den dann doch nicht zu Ende geführten Bau des Schnellen Brüters 6 Mrd. DM in den Sand setzten (natürlich ohne später für solche Fehlplanungen in irgendeiner Form Abbitte zu leisten), waren die selbstverständlichen Gegner dessen, was als Umweltschutzbewegung agierte. Zu dieser Zeit waren die Fronten noch klar, das spätere Forschungszentrum Jülich hieß noch Kernforschungsanlage Jülich.

Die politische Kommunikation Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre und die einschlägigen Debatten nicht nur im Zusammenhang mit der Parteibildung der Grünen führten freilich auch bald zur Aufklärung über den Selbstbetrug, mit dem diese vermeintliche ökologische Erweiterung des linken und antikapitalistischen Projekts der Gesellschaftsveränderung verbunden war. Es half nicht sehr viel weiter, vereinzelte Marx-Zitate anzuführen und damit davon abzulenken, daß - wie es im Kommunistischen Manifest von Marx und Engels schon präzise beschrieben worden war - die an Marx bzw. am Sozialismus orientierten Theorien wesentlich von der Idee durchdrungen waren, die kapitalistische Technologie solle sozusagen erst recht entwickelt und forciert werden, um sie später in den Dienst der Arbeiterklasse, der Werktätigen oder wie immer dies hieß, stellen zu können. Und immerhin hatten sich nicht wenige aktive Vertreter des linken und antikapitalistischen Projekts der Gesellschaftsveränderung auf angebliche sozialistische bzw. kommunistische Alternativen chinesischer, sowjetischer oder welcher Provenienz auch immer berufen, solcher Länder also, die etwa die Kritik an der Atomenergienutzung als besonderes Problem westlicher kapitalistischer Verhältnisse denunzierten.

In den 70er Jahren gab es in der westdeutschen Bundesrepublik durchaus eine Reihe von Umweltschutzgesetzen, und im Vollzug der Regierungserklärung von 1969 verkündete erstmals 1971 eine bundesdeutsche Regierung ein Umweltprogramm mit systematischen Ansprüchen. In der Wirtschaft wurde Umweltschutz aber weiter als Gefährdungsfaktor kommuniziert, und der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) gab noch 1977, nachdem die beiden Volkswirte Erich Hödl und Werner Meissner die gesamtwirtschaftlichen Vorteile von aktivem Umweltschutz in einer Untersuchung dargelegt hatten, beim IFO-Institut in München eine Studie in Auftrag mit der Absicht, das Gegenteil zu beweisen. Mit anderen Worten (auch wenn das in deutschen Unternehmerverbänden heute nicht mehr gerne gehört wird): Die Wirtschaft hat sich damals außerordentlich schwer mit dem Umweltschutz getan.

80er Jahre: Aufbruch in umweltbewußtes Management

Die 80er Jahre brachten dann einschneidende Veränderungen. Zwar war auf der politischen Bühne der Übergang von Schmidt zu Kohl nicht eben Ausdruck gestiegenen Muts zu politischen Innovationen, und der damals immer noch für den Umweltschutz zuständige Innenminister hieß Friedrich Zimmermann und stellte sich gegen alle ökologische Kritik an einen Bauabschnitt des Rhein-Main-Donau-Kanals, um zu bekunden, wie schön dieses Projekt doch sei. In der Gesellschaft rumorte es freilich durchaus, und die damalige Friedensbewegung trug sicher ihren Teil zur Erosion des Leitbildes bei, daß konkurrenzorientierte Härte und Technikfetischismus Garanten für eine positive gesellschaftliche Entwicklung seien.

Es wäre nicht nur an dieser Stelle müßig, die sogenannte 68er-Generation positiv zu mystifizieren (so falsch, ja unsinnig die in der jüngeren Vergangenheit immer wieder gern betriebene negative Mystifizierung ist). Fakt ist jedenfalls, daß gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu Beginn der 80er Jahre viele derjenigen in Führungsetagen einzogen, die in der Nach-Adenauer-Ära ihr Studium absolviert hatten. Ihr unternehmens- und gesellschaftspolitisches Rüstzeug wie auch ihre Werte und Normen unterschieden sich jedenfalls deutlich von der Unternehmergeneration, die gemeinsam mit den übrigen Teilen der Bevölkerung im Deutschland der 50er Jahre das ebenfalls gern mystifizierte Projekt des Wiederaufbaus betrieben hatte. So war es in der Rückschau wohl doch kein Zufall, daß 1984 eine Ökologiekommission des Bundesverbandes Junger Unternehmer (BJU), einer Organisation, die unter 40jährige zusammenschließt, die sowohl Kapitalanteile an einem Unternehmen halten wie auch an der Geschäftsführung beteiligt sind, eine erste Checkliste für den betrieblichen Umweltschutz vorlegte. Diese Ökologiekommission war die Keimzelle für die alsbald erfolgende Gründung von gleich zwei ökologisch orientierten Unternehmervereinigungen: des Bundesdeutschen Arbeitskreises Umweltbewußtes Management (B.A.U.M.) und des Förderkreises Umwelt - future.

Die akademische Betriebswirtschaftslehre blieb zwar von ökologischen Fragen für einige Jahre noch weitgehend unberührt; die Monographie von Strebel über Umwelt und Betriebswirtschaft, schon 1980 veröffentlicht, blieb im Innercircle der Zunft bis 1988 die einzige Veröffentlichung, die zu recht systematische Ansprüche erheben konnte. Trotzdem wurden die Aktivitäten auf dem Gebiet der unterneh-mensbezogenen Umweltforschung in diesen Jahren, d.h. 1984 ff., ausgeweitet, nicht zuletzt über das Berliner Umweltbundesamt, das in Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl als nachgeschaltete Behörde des inzwischen eigenständigen Umweltministeriums gegründet wurde.

Die Aktivitäten von B.A.U.M. und future in ihren ersten Jahren können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zahlreiche Tagungen und publizistische Aktivitäten im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft bereiteten den Boden für das Nachziehen des Bundesverbandes der deutschen Industrie und der verschiedenen Branchen- und Arbeitgeberverbände. Hervorzuheben ist hier besonders jene Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing, bei der 1987 der damalige BDI-Präsident Tyll Necker den Hauptvortrag hielt und eine Tutzinger Erklärung zur umweltorientierten Unternehmensführung verabschiedet wurde.

Diese Tutzinger Tagung war auch ein besonderer Markstein auf dem Weg des Bruches mit den alten scheinbar klaren Fronten: hier den umweltzerstörenden Kapitalisten, dort den antikapitalistischen Umweltschützern. Die in diesen Jahren häufig zum ersten Mal aufgenommenen Dialoge zwischen solchen Menschen, die sich in den Jahren vorher nur auf jeweils entgegengesetzter Frontseite sahen, waren und bleiben eine wesentliche Voraussetzung dafür, in einer modernen, d.h. macht- und interessengeprägten, aber eben auch hochkomplexen und nicht auf einen schlichten Dualismus reduzierbaren Gesellschaft mit Antworten auf die ökologische Herausforderung zurechtzukommen.

Fast sturzbachartig begann dann 1988 auch die deutsche Betriebswirtschaftslehre, sich dieser ökologischen Herausforderung anzunehmen. Von diesem Jahr an wurden so viele Bücher und andere Publikationen zu Themen wie Umweltmanagement, betriebswirtschaftliche Umweltökonomie, ökologische Unternehmensführung produziert, daß der Betrachter in der Rückschau den Eindruck gewinnen muß, als hätten viele durch übermäßige Aktivität das wiedergutmachen wollen, was sie in den vorherigen Jahren versäumt hatten. Mittlerweile gilt für dieses Themenfeld im besonderen Maße der auch für andere wissenschaftliche Bereiche zutreffende Befund, daß hier längst viel mehr geschrieben wird als gründlich gelesen und verarbeitet.

90er Jahre: Kleinarbeiten betrieblichen Umweltschutzes

Von der "Ökobilanz zum Öko-Controlling" war der Titel einer Tagung, mit der in der Düsseldorfer Messe das erste bundesdeutsche Modellvorhaben zur Einführung ökologischer Unternehmenspolitik in einem Industriebetrieb durch den Verpackungsfolienhersteller Bischof + Klein im westfälischen Lengerich abgeschlossen wurde, bei dem damals Klaus Günther Geschäftsführer war, der die Gründung des Förderkreises Umwelt - future initiiert hatte. Mit vielfacher politischer und auch finanzieller Unterstützung machte sich Ende der 80er Jahre eine ganze Reihe von deutschen Unternehmen, und in diesen Jahren eine erfreulich wachsende Zahl, auf den Weg zu ökologischer Unternehmensführung, wobei die Verständnisse davon, was dieses denn nun sei, naturgemäß reichlich unterschiedliche waren - und bis heute weiter sind. Kennzeichnend für diese immer noch anhaltende Phase von Aktivitäten betrieblicher Umweltpolitik bzw. betrieblichen Umweltmanagements ist das Herunterbrechen des Ja zu betrieblichem Umweltschutz auf die einzelnen Funktions- und Verantwortungsbereiche der Unternehmen. Diese Versuche haben zu völlig unterschiedlichen Ausprägungen geführt. So reicht etwa die organisatorische Auslegung von der gerade einmal pflichtmäßig durchgeführten Einsetzung nach verschiedenen umweltpolitischen Teilgesetzen erforderlicher Betriebsbeauftragter für etwa Immissionsschutz oder Abfall über eigene, dieses unternehmenspolitische Aufgabenfeld integrierende Umweltschutzbeauftragte bis hin zu direktem kontinuierlichen Engagement auf Geschäftsführungsebene. Und in höchst unterschiedlicher Weise und höchst unterschiedlichem Maße haben Unternehmen versucht und versuchen es weiterhin, betrieblichen Umweltschutz in die einzelnen Funktionsbereiche von der Beschaffung über die Produktion bis zum Marketing zu integrieren.

Dabei darf an dieser Stelle der Hinweis nicht unterlassen werden, daß die exponentielle Verschärfung der Arbeitslosigkeit, die Wiederausbreitung von Armut auch in Deutschland und dann noch einmal speziell die Folgeprobleme der deutschen Wiedervereinigung den Umweltschutz als brisantes gesellschaftspolitisches Thema in den letzten Jahren in den Hintergrund gedrängt haben. Offenkundige Stagnations- und/oder gar Rückschrittstendenzen in der betrieblichen Umweltpolitik, für die etwa der Schritt bei der Volkswagen-AG signifikant war, nicht nur den Kollegen Steger unfreiwillig gehen zu lassen, sondern auch die Funktion des Umweltvorstandes als solche aufzulösen, haben aber auch noch einen wichtigen anderen Grund: die Notwendigkeit des Überganges von einer ersten zu einer zweiten Phase ökologischer Unternehmenspolitik.

Die erste Phase betrieblicher Umweltpolitik war und ist immer noch geprägt davon, daß (a) ökonomisch insbesondere Kostensenkungseffekte wahrgenommen werden, wo beispielsweise Energieeinsparungen oder die Schließung von Materialkreisläufen sowohl ökonomische wie ökologische Vorteile versprechen; daß (b) technische Maßnahmen ergriffen werden, mit denen Produktionsverfahren und in Ansätzen auch Produkte ökologisch optimiert werden, ohne vom Typus her das Produkt und die Produktion als solche in Frage zu stellen. Krassestes Beispiel ist natürlich die Automobilindustrie, in der einerseits so viel über ökologische Optimierung des Autos gesprochen und inzwischen auch unternommen wird wie nie zuvor, andererseits freilich der einzige lautstark produktkritisch in die Zukunft denkende Manager der Branche (Daniel Gouedevert) erst bei Ford und dann bei VW seinen Hut nehmen mußte; und (c) bedeutet die erste Phase organisatorisch, daß betrieblicher Umweltschutz im wesentlichen über die Zuweisung entsprechender Spezialfunktionen geregelt wird.

Grundsätzlich davon unterscheidet sich eine zweite Phase ökologischer Unternehmenspolitik. Hier geht es (a) ökonomisch darum, betriebswirtschaftliche Vorteile nicht allein über die rationalisierungsbezogene Variante des ökonomischen Prinzips, d.h. Kostenverringerung, zu erzielen, sondern vor allem mögliche Ertragsfaktoren und Erfolgspotentiale der Zukunft wahrzunehmen. Ferner geht es (b) technisch bzw. über Technik hinaus darum, das eigene Unternehmen langfristig in seiner gesellschaftlichen Funktion wahrzunehmen, die Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft in einem bestimmten Bereich optimal über angemessene und zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen zu organisieren. Der verstorbene österreichisch Systemtheoretiker Erich Jantsch hat in diesem Sinne von funktionsorientierter Unternehmenspolitik gesprochen ("Produkte kommen und gehen, Funktionen bleiben"). Und (c) organisatorisch sollte gerade nicht der Weg beschritten werden, eine Zuständigkeit für den betrieblichen Umweltschutz zuzuweisen nach dem Motto "Wir haben ja dafür jemanden und brauchen uns selber darum deswegen nicht mehr zu kümmern", sondern es steht je unternehmensspezifisch die Frage, wie die Unternehmung als soziales Gesamt zum ökologischen Akteur werden kann. In diesem Zusammenhang sei auf das Projektvorhaben hingewiesen, das die Oldenburger Firma ecco GmbH im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit elf ökologischen Vorreiterunternehmen durchgeführt hat und soeben abschließt. Bezugnehmend auf genau die eben zitierte Unterscheidung in zwei Phasen ökologischer Unternehmenspolitik konnte hier festgestellt werden, daß selbst diese ökologischen Pioniere (darunter so prominente Unternehmen wie Wilkhahn/Bad Münder, Siemens-Nixdorf, merkle ratiopharm, Märkisches Landbrot usw.) durchaus große Probleme beim Übergang von der ersten in die zweite Phase haben. Für uns ergab und ergibt sich daraus die wesentliche Konsequenz, die interne und externe Kommunikation des Unternehmens darüber zu intensivieren, wie denn ein Unternehmen, das sich als geistig-kulturelle Einheit und als prinzipiell lernfähig begreift, sich die Inhalte der so bezeichneten zweiten Phase ökologischer Unternehmenspolitik schneller und besser zu eigen machen kann. Das geht gerade nicht über quasi-technische umsetzungsorientierte Maßnahmen, sondern erfordert viel Arbeit in den sog. weichen Faktoren der Unternehmensführung, worunter etwa die Zielbildungs- und Visionsfähigkeit, die endogenen Innovationspotentiale, die problembezogene Kommunikationsfähigkeit und Ähnliches gemeint sind.

2000: Die Unternehmung als strukturpolitischer Akteur

Eben so lautet der Titel einer Habilitationsschrift, die der Kollege Schneidewind vor einigen Wochen an der Betriebswirtschaftlichen Abteilung der Hochschule St. Gallen eingereicht hat. Vom politischen Zugriff her annonciert dieser Titel das Gegenteil der eingangs zitierten Grundauffassung der 70er Jahre: Die Unternehmen bzw. die Unternehmer sind nicht länger als Quelle allen sozialen und dann auch ökologischen Elends zu begreifen - die Aufrechterhaltung einer solchen Vorstellung ist nichts anderes als das Beibehalten allzu schlichter Weltbilder, sondern die Wirtschaft ist ein wichtiges Akteurssystem unter jenen, die - wenn überhaupt - der ökologischen Krise, also der Krise des gesellschaftlichen Umgangs mit der natürlichen Mitwelt und damit unserer Lebensbedingungen, begegnen können. Theoretisch erfordert (das kann hier nur angedeutet werden) dieser Zugriff eine prinzipielle Abkehr vom ökonomischen Verhaltensmodell, nach dem Unternehmen im wesentlichen als Optimierer und Anpasser unter gegebenen Rahmenbedingungen vorgestellt werden. Dieses ökonomische Verhaltensmodell ist allerdings nach wie vor nicht nur dominant in den akademischen Wirtschaftswissenschaften, sondern prägt auch wesentlich den real existierenden sogenannten gesunden Menschenverstand, nach dem Wirtschaften ein Bereich bloßen zweckrationalen Handelns ist.

Wir sind die Gesellschaft, in der wir uns bewegen, wie Doris Lessing einmal formuliert hat. Insofern geht es nicht um verzweifelte Träume gegen irgendeinen vermeintlichen Gang der Geschichte, wenn mit dem hier niedergelegten Rückblick aus heutiger Sicht ein sehr grundsätzliches Ja zu dem gesellschaftlichen Handlungs- und Experimentierfeld ökologische Unternehmenspolitik ausgesprochen wird. Dieses Projekt ist zumindest nicht unwahrscheinlicher als vieles andere, was so in die Welt gesetzt wird, und niemand tut gut daran, die Verantwortung für das Scheitern dieses Projektes grundsätzlich auf andere abzuschieben.

Der Autor

Prof. Dr. Reinhard Pfriem (48) lehrt und forscht seit 1991 als Betriebswirt mit dem Schwerpunkt Unternehmensführung und betriebliche Umweltpolitik an der Universität Oldenburg. Pfriem studierte Philosophie und Politik in Berlin und Wirtschaftswissenschaften in Bochum. Nach Studium und Promotion leitete er als Geschäftsführer das von ihm mitinitiierte Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin. In diesem Jahr erhielt er für seine wissenschaftlichen Pionierleistungen auf diesem Gebiet den Umweltpreis 1996 des "Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewußtes Management" (B.A.U.M.).

(Stand: 19.01.2024)  | 
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