Tierhaltung


Einfelderwirtschaft, d.h. die unveränderte Aufteilung des der Bauernschaft verfügbaren Bodens in der jeweiligen Hofstelle zugehöriges Ackerland und in anteilig unterschiedlich genutztes gemeinsames Weideland (Marken) hielt der im 18. Jahrhundert zunehmend intensiven Nutzung nicht mehr stand. Die durch den 30jährigen Krieg (1618-1648) unterbrochene Bevölkerungszunahme, die sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts verstärkt hatte, ließ die Zahl der (nicht teilbaren) Hofstellen nur geringfügig anwachsen, wohl aber die Zahl der landlosen Haushalte, denen die Colonen Nebengebäude und ein wenig (Garten-)Land gegen Geld und Arbeitsleistung verpachteten (Heuerleute) und den eigenen Anteil an der Mark mehr oder weniger mitbenutzen ließen. Zu viele Rinder und Pferde, Schweine und Schafe wurden vom Mai bis in den Winter hinein in die Mark getrieben, zu viele Baumtriebe und Setzlinge verbissen, zu viele Bäume gefällt und zu viele Plaggen gestochen. Die Mark verkam zur Heide mit Binnendünen und Flugsandebenen (vgl. Anm. 23).
Einfelderwirtschaft erzwang Plaggendüngung. Vor allem Roggen wurde Jahr für Jahr auf denselben Äckern angebaut; es fehlten Fruchtwechsel und zeitweilige Brache. Stroh wurde vor allem als Viehfutter im Winter gebraucht und als Baumaterial für Dächer und Wände. Die Stoppelweide im Spätsommer nahm den Äckern selbst die spärliche Düngung durch Strohreste und Unkraut.
An Stelle von Stroh blieben als Einstreu in den Stallungen Laub und eben Plaggen, d.h. Gras- und Heidenarben, die so abgemäht oder abgeschaufelt wurden, daß noch hinreichend Wurzelwerk im Boden verblieb, um wieder auszutreiben. Grasnarben, aus feuchten Niederungen gewonnen, vermengt mit den tierischen Exkrementen der im Winter nur dürftig ernährten Tiere, verbesserten sandige Eschböden, während Heideplaggen ihnen noch Sand zuführten und sie versäuerten.
Der Niedergang der Marken erzwang deren Teilungen (in der Bauerschaft Rieste von 1796-1806) und damit die sorgfältige Nutzung der den Colonaten zugesprochenen Teile. Den Plaggen wurde mehr Stallmist beigefügt, denn in Hofnähe wurden Weiden eingezäunt, Wiesen zur Heugewinnung angelegt und das Vieh nun auch ganzjährig über Nacht, aber auch ganztägig (Schweine) im Stall gehalten. Getreideanbau wurde dafür auf ehemaligen Markengrund verlegt und der Stoppelweide ein Ende gesetzt, so daß, unbehelligt von Viehfraß, Futterkräuter, Hackfrüchte und Kartoffeln für die Stallfütterung angebaut werden konnten, Dreifelderwirtschaft (Winter-, Sommergetreide, Brache oder Hackfrüchte/Futterpflanzen) also eine Chance bekam. Die Erträge stiegen. J. H. zur Oeveste hat diese Veränderungen auf dem elterlichen Colonat mit durchgeführt, bevor er nach Amerika ging (1834) und bevor im Osnabrücker Land Fruchtwechsel, Gründüngung und Kunstdünger (Knochenmehl 1839; Kali 1869) eingeführt wurden und Plaggendüngung, zum Teil recht widerstrebend, an Bedeutung verlor.
Mit der "Hammer-Wiese" hatte J. H. zur Oevestes Vater im Februar 1835 die Aufhebung der Eigenbehörigkeit des Colonats Kessen zur Oeveste bezahlt (vgl. Anm. 68). Sie erinnerte an die alten Zeiten der Markennutzung und des Plaggenstechens. Vor allem "Vollerben" (Höfe mit voller Berechtigung in der Mark) hatten Anspruch auf den "Hammersmete", d.h. auf die freie Nutzung von Markengrund so weit vom eigenen Acker, "als einer mit dem Haarhammer (zum Dengeln der Sense) unter den Beinen hin kann von sich werfen, etwa bis zu 30 Schritt" (1674). (Nachweise: Anm. 240)