Glazier/Filby, Germans to America, Bände 1-50
(1988-1996)
Fallstricke für Genealogen
(Zuerst erschienen in: Genealogie 45(1996)9/10, 274-280)
Ira A. Glazier/William P. Filby: Germans to America. Lists of Passengers Arriving at U.S. Ports. Volumes 1-50 (Jan. 2, 1850 - Nov. 29, 1884). Wilmington/Delaware: Scholarly Resources Inc. 1988-1996
Tote gehen an Land, Reisende verschwinden, Schiffe tauchen nicht auf,
Orte bleiben unbekannt ...
Historikern und Genealogen wird in den Einleitungen ein extensiver
Datenbestand versprochen, der es zulasse, diese Wanderungsbewegungen detailliert
zu rekonstruieren. Mit der Edition seien "Forscher in der Lage, ... diese
Migration mikrohistorisch zu studieren, Individuen und Familien von ihren
Herkunfts- bis zu ihren Bestimmungsorten zu folgen und sich auf deren persönliche
Verhältnisse zu konzentrieren ... Wissenschaftlern (werde) nun ermöglicht,
... dieser Massenbewegung eine menschlichere Dimension zu geben." Fleiß
und Gewissenhaftigkeit bescheinigt Ira A. Glazier den Mitarbeitern des
Tample-Balch Institute's Center for Immigration Research in Philadelphia.
Nichts davon trifft zu: der renommierte Wissenschaftler hätte
besser geschwiegen.
August Dreseler und Carl Sieveking haben im Februar und März 1854
den Eltern in Herford in ihren Briefen schlimme Zustände auf der "New
England" geschildert und von 65 Toten bis zum 16. November und 110 Toten
bis zur Ankunft in New Orleans am 27. Dezember berichtet.
Die Passagierliste, die Kapitän Isaac Orr am 27. Dezember 1853
den Hafenbehörden in New Orleans übergibt, enthält die Namen
der 380 Überlebenden, aber auch eine "Liste der Passagiere, die während
der Reise verstorben sind", mit 64 Namen (National Archives Microfilm Publications
(NAMP), M 259, R 37: "New England", 27. Dez. 1853, Bremen - New Orleans).
Glazier/Filby aber verbuchen diese 64 Menschen als Einwanderer: sie lassen
die Toten an Land gehen (Glazier/Filby (GF), 6, 211-214). Dieses Verfahren
halten sie bis Band 38 durch ("Informationen über Todesfälle
sind in diesen Bänden nicht enthalten."): "Einwanderer" gehen spurlos
verloren, und Genealogen werden auf falsche Fährten gesetzt und in
sinnlose Anstrengungen verwickelt.
Glazier/Filby muten Genealogen und Sozialwissenschaftlern noch mehr
zu. Wir erfahren nicht, wer, bereits mit amerikanischer Staatsbürgerschaft,
vom Besuch in die USA zurückkehrte. "Amerikaner" mit (noch) deutscher
Staatsbürgerschaft bleiben uns erhalten, wenn (auch) die Nationalität
notiert wurde. Wer aber z.B. nur mit "Cincinnati" eingetragen ist, weil
Makler, Kapitäne oder US-Behörden die Staatsangehörigkeit
nicht interessierte, ist für Glazier/Filby kein Deutscher aus Amerika;
er wird den Lesern verschwiegen. Wer über Galveston/Texas und andere
kleinere Häfen oder über die großen Seen eingewandert ist,
taucht erst gar nicht auf, auch nicht, wer zwischen 1850 und 1855 auf Schiffen
auswanderte, die weniger als 80% Deutsche transportierten; ein skurriler
Gesichtspunkt: die Angst der Wissenschaftler vor der großen Zahl?
Und wer sind die Deutschen, die nun ab 1856 berücksichtigt werden?
"Nur diejenigen, die sich selbst 'Deutsche' nannten"? Deutsche aus Luxemburg,
aus der Schweiz und aus Frankreich werden berücksichtigt, warum nicht
Deutsche aus Österreich-Ungarn und aus Rußland? Warum nicht
wenigstens deutsche Österreicher bis 1866 und allenfalls Deutsche
aus Elsaß-Lothringen ab 1871? Staatsangehörigkeit wäre
ein plausibles Prinzip, Nationalität aber auch nach Südost- und
Osteuropa hin angesichts des Selbstverständnisses vieler Deutsch-Amerikaner,
die ihre Vorfahren in Böhmen und im Burgenland, in der Ukraine und
an der Wolga haben. Warum wird Louise Riegelmann aus Wien in Österreich
gestrichen, Niclaus Walter mit Ehefrau Anna und den Kindern Rosa und Emma
aus Mühledorf in der Schweiz aber berücksichtigt?
Marcus Schankstaedt aus Wilna (Rußland) verschwindet, während
Debora Blondiaux aus Walineoit (Nordfrankreich) bleibt. Glazier/Filby
können nicht wissen, ob sie sich als Deutsche zu erkennen gegeben
hat und ob sie in Hamburg oder LeHavre an Bord gegangen ist. Wir wissen
nur, daß Glazier/Filby eine Person mit deutschem Namen aus Rußland
streichen, eine Person mit französischem Namen aus Frankreich aber
als Deutsche erkennen. Noch einmal: warum werden Deutsche aus Frankreich
und aus der Schweiz akzeptiert, Deutsche aus Österreich und Rußland
aber zurückgewiesen? (NAMP, M 237, R 482: "Westphalia", 22. Nov. 1884,
Hamburg/LeHavre - New York; GF 50, 413f.).
Um Abgrenzungen und Ausgrenzungen kann mit guten Gründen gestritten
werden; Eindeutigkeit ist hier anzumahnen. Unzulängliche Codierung
von Herkunftsorten verdient dagegen keine Nachsicht. Glazier/Filby begehen
die Todsünde aller Datenverarbeitung: sie vergeben ein und denselben
Code mehrfach. In den Bänden 1-3 steht "000" für Obermoellrich
(Oh, Null, Null), in den Bänden 4-7 auch für Oberdorf
(Oh, Null, Oh) und in den Bänden 8 und 9 kommt noch Oberhof
(Null, Null, Oh) hinzu. Fatal wird die Praxis dadurch, daß vor allem
Listen und Namen, die keine Ortsangaben haben, in bezug auf die Herkunftsorte
mit "000" (Null, Null, Null = unbekannter Ort) codiert werden; zigtausende
aus Obermoellrich? Dieses "000" (von Band 25 an "ZZZ") steht, und
damit wird die Schlamperei zur Schwindelei, von Band 1-50 auch dann, wenn
Ortsangaben, nicht selten in Schönschrift, auf der Original-Liste
eingetragen sind. Glazier/Filby können sie nicht lesen oder wollen
sie nicht lesen, oder sie kennen die Orte nicht, geben aber für diese
Abweichung vom Original keine Codierung an, und in der Einleitung steht
auch nichts über diese Manipulation. Die Benutzer der Edition müssen
sicher sein, daß keine Ortsangaben vorhanden sind. Sie geben die
Suche auf, wenn sie diesen Wissenschaftlern vertrauen, von denen sie unbekümmert
ins Bockshorn gejagt werden.
Von Band 10-24 stehen Obermoellrich, Oberdorf und Oberhof
nicht
mehr in der Liste der Orts-Codierungen. Ab Band 45 müssen sich aber
116 andere Orte und Staaten einen Code teilen, z.B. Heinrichswalde
mit Bergzabern, Metz mit Indiana, Milwaukee mit Relzow,
Hellsheim mit Marienberg, Winnweiler mit Washington.
191 Passagiere sind auf der "Marianne", jeder mit seinem Herkunftsort.
Bei Glazier/Filby haben ihn 82 von 166 anerkannten Deutschen verloren.
Da lassen sie Bielefeld und Schencklengsfeld verschwinden,
Schroek
und Altona, Schwarzenhasel und Westerbuchau,
Schützingen,
Glashütte,
Marburg und Varendorf
(Warendorf); Orte, die nicht weniger sauber
geschrieben sind als die von ihnen registrierten
Crainfeld und Mühlhausen,
Ulmbach
und Freckenhorst. Das Selbstbewußtsein von Glazier/Filby
ist ungebrochen: was sie nicht kennen, nicht lesen wollen oder nicht lesen
können, wird bei den Ortsnamen nicht einmal, im Gegensatz zu den Personennamen,
generalisierend zu "illegible = unleserlich". Es wird ganz naiv generalisierend
zur "unknown village", zum "unbekannten Ort", d.h.: keine Ortsangabe. Und
das ist gelogen, weil auf der Liste jede Person ihren Herkunftsort hat.
Die Liste der "New York" zeigt das Debakel dieser Edition. Auch hier haben
auf dem Original alle Passagiere ihren Herkunftsort, einige ihr Herkunftsland,
niemand nur Deutschland. 400 Personen sind registriert. Glazier/Filby streichen
stillschweigend ihre 101 Nicht-Deutschen. Und von den verbliebenen 299
verlieren 235 ihren Herkunftsort. Da werden Simmern und Benrath
entziffert, nicht aber Marl und Tübingen. Newhavn
und Springfield werden zu "bekannten" Orten in Deutschland und London
und die Schweiz zu "unbekannten" deutschen Gemeinden. Aus der Stadt
Baden-Baden
wird
der Staat Baden, und aus der Stadt Meiningen wird Sachsen-Meiningen.
Wir erfahren nicht, wo "First Cabin Lower Saloon" anfängt und wo das
"Zwischendeck" beginnt. Wir erfahren nicht den Anteil der Ausländer,
vor allem Deutsch-Amerikaner, an den Reisenden in den drei Klassen. L.
Dumont aus Frankreich wird zur Deutschen erklärt, Reisende
aus Böhmen werden schon vor 1866 zu "Nicht-Deutschen": Gustav
Heller und Elisabeth Klinisch und Joseph und Marie Wirth und Marie und
John Perina. Ferd. Fritsch aus dem österreichischen
Bregenz bleibt
Deutscher als "Ferd. Iritsch" aus einem "unbekannten Ort", Agst. Schöft
aus Wien wird dagegen gestrichen: er kommt aus Wien. (NAMP, M 255,
R 10: "Marianne", 26. April 1854, Bremerhaven - Baltimore; GF 6, 449-451.
- NAMP, M 237, R 235: "New York", 28. Okt. 1863, Bremen - New York; GF
15, 118-120)
Wer immer die sehr sauber geschriebene Passagierliste des Dampfers "Main"
entziffert hat: das ausgedruckte Ergebnis ist Trauerspiel und Posse zugleich.
Tübingen,
Einsiedel und Holtenau verschwinden als "unbekannte" Städte
in Deutschland, während Göttingen, Heiligenstadt und Stolzenau
Gnade finden. Papenburg wird Deutschland zugewiesen, nicht aber
Westerrauderfehn
(Westrhauderfehn), 10 Kilometer nordöstlich davon: der Ort wird als
"unbekannt" in einem "unbekannten" Land angesiedelt. Die Rhein-Provinz
wird zu Deutschland erweitert und Hockenheim geht als "unbekannter
Ort" in Baden unter. Reisende aus Böhmen
und
Wien
werden als Nicht-Deutsche von der Liste gestrichen, Schweizer dagegen akzeptiert,
aber recht unterschiedlich behandelt: Chur und
Basel werden
zu "unbekannten" Städten in der Schweiz, Zürich zur "bekannten"
Stadt in Deutschland, St. Gallen, das es in der Schweiz und Österreich
gibt, wird deutsch, Menzingen, ein schweizer, aber auch ein deutscher
Ort, als "unbekannt" allein der Schweiz zugeschlagen.
Randersacker
ist ein bekannter Ort in Unterfranken bei Würzburg (Bayern) - für
Weinkenner allemal; bei Glazier/Filby ist er zwar deutsch, aber "unbekannt".
(NAMP, M 237, R 311: "Main", 31. Mai 1869, Bremerhaven - New York; GF 22,
475-479)
In Band 42 (1882) hat sich nichts geändert. Von 669 Passagieren
der "Pollux" haben Glazier/Filby 213 Niederländer nicht berücksichtigt.
456 Deutsche stehen auf ihrer Liste. Auf dem Original haben sie alle ihren
Herkunftsort, bei Glazier/Filby verlieren ihn 147 Reisende: "ZZZ" = unknown
village" heißt es bei ihnen.
Erfolglos bleibt bei Glazier/Filby die Suche nach Passagieren aus Holzleuten
und Dunningen, Bersede und Heimsen, Wehlen und Oerlinghausen,
Freren und Wiesloch, Battenheim und Ihrhove.
Die Familie Frey aus Ihrhove wird von Glazier/Filby ihres Herkunftsortes
beraubt, aber auch national und familiär auseinandergerissen. Die
3 Jahre alte Goeke und die einen Monat alte Reka lassen sie mit ihrer Mutter
Steintje alleine reisen, während Vater Hayo und die Söhne Harm,
Hendrik und Jan und die Tochter Mettje als vermeintliche Niederländer
von der Liste verschwinden; auf dem Original wird auf Seite 19 Ihrhove
irrtümlich den Niederlanden zugeschlagen, und diesen gravierenden
Fehler machen Glazier/Filby unbekümmert mit: vier weitere Passagiere
aus Ihrhove werden zu Niederländern, gehören also auch
nicht zu den "Germans to America", auch nicht 16 Auswanderer aus den ostfriesischen
(d.h. deutschen) Gemeinden Ditzum, Pogum und Landschaftspolder.
Wer z.B. Swaantje Vos, Aaltje Peters und Evert Otter sucht, findet sie
nicht bei Glazier/Filby - wohl aber auf dem Original. (NAMP, M 237, R 448:
"Pollux", 7. April 1882, Amsterdam - New York; GF 42, 81-84)
Am 22. November 1884 trifft die "Westphalia" aus Hamburg und LeHavre
in New York ein. 341 Passagiere registriert die Liste, 157 werden von Glazier/Filby
berücksichtigt, 63 verlieren ihre Herkunftsorte: z.B. Martha Ackermann
aus Pfieffe bei Eschwege, Christ. Hamann aus Rosenhof in
Pommern, Leonhard Hofmann aus Gerabrunn (Gerabronn) in Württemberg,
die siebenköpfige Familie Aster aus Prenzlau bei Berlin und
Wilhelmine Friemel aus Schönau, das es gut 30 mal in Deutschland
gibt: unbekannte Orte? Glazier/Filby lassen Carl Berg aus Duwitz
(Dußvitz?) in Preußen nach Amerika reisen, nicht aber dessen
Ehefrau Johanne; sie wird übersehen. Nicht anders ergeht es Catharina
Wolf aus Hamburg, Georg Graulich aus Lauterbach in Hessen
und Mathilde Levinsohn aus Schieselbein in Preußen (Schippenbeil,
Ostpreußen?).Sie hätten in der Registratur nicht zwischen Ausländer
geraten dürfen ...(NAMP, M 237, R 482: "Westphalia", 22. Nov. 1884,
Hamburg - New York; GF 50, 431f.)
Der Dampfer "Moravia" kommt am 14. November 1884 mit 755 Passagieren
in New York an. Glazier/Filby erkennen 453 Deutsche, von denen 279 der
Herkunftsort genommen wird. Das sind vor allem Auswanderer aus Mecklenburg,
Brandenburg, Pommern und Ostpreußen, deren amerikanische
Nachkommen erst seit 1989 unbehinderten Zugang zu diesen Regionen in Rußland
und Polen und in den neuen Bundesländern haben. Wer nach Heinrich
Wüstenberg sucht, sollte sich nicht mit Mecklenburg zufrieden
geben; auf dem Original steht der Herkunftsort Uelitz. Und Josef
Spiralsky kam aus Friedheim in Brandenburg, Paul Bottke aus
Schneidemühl
in Westpreußen (jetzt poln. Pila) und Carl Grabowsky aus Insterburg
in
Ostpreußen (jetzt russ. Cemjahovsk). Aber auch dem Westdeutschen
Ernst Schopf wird nur Württemberg belassen; das Original bietet
auch den Herkunftsort Großsachsenheim
an, gut 10 km nördlich
von Stuttgart. (NAMP, M 237, R 481: "Moravia", Hamburg - New York, 14.
Nov. 1884; GF 50, 387-390).
Die "Main" des Norddeutschen Lloyd legt am 20. November 1884 in New
York an. 521 Passagiere hat sie an Bord. Glazier/Filby berücksichtigen
417, von denen 207 ihren Herkunftsort verlieren. Die Herausgeber sorgen
auf dieser Liste für weitere Irritationen. Einige kleine Orte werden
in andere Staaten verlegt: daß sie aber Bremen bayerisch,
Stuttgart
preußisch und Heidelberg sächsisch werden lassen, hätte
diesen amerikanischen Deutschlandexperten doch auffallen müssen (NAMP,
M 237, R 482: "Main", Bremen - New York, 29. Nov. 1884; GF 50, 422-425).
Am 24. Oktober 1884 hat der Dampfer "Rhein" auf hoher See Passagiere
und Besatzung der brennenden "Maasdam" übernommen. Nichts davon bei
Glazier/Filby. Da ist nur vom "ship Rhein & Maasdam" die Rede. Die
Neuzugänge sind nicht als solche ausgewiesen, und die Offiziere und
Mannschaften der "Maasdam" (mit zumeist niederländischen Namen), die
im Original auf einer gesonderten Liste stehen, werden mit unbekannter
Herkunft und mit dem Reiseziel USA zu Passagieren - während die echten
niederländischen Passagiere der "Maasdam" von Glazier/Filby natürlich
gestrichen werden. (NAMP, M 237, R 481: "Rhein" und "Maasdam", 31. Okt.
1884, Bremen - New York; GF 50, 345-349)
1102 Personen bringt die "Werra" am 20. September 1884 nach New York.
666 registrieren Glazier/Filby. 508 davon lassen sie Pawel Czallak aus
Hersfeld in einem Massenexodus folgen: sie haben alle aus seinem Heimatort
zu kommen, auch Hermann Bartels aus Thüringen, Johann Blendermann
aus Oldenburg und Barbara Müller aus Baden und ... und
... und ... (NAMP, M 237, R 480: "Werra", 20. Sept. 1884, Bremen - New
York; GF 50, 217-222)
Ein weiteres Mal ist der Computer aus dem Ruder gelaufen. Von 501 berücksichtigten
Passagieren (703 waren auf dem Schiff) der "Habsburg" werden 439 zu Gefolgsleuten
des August Zülsdorf aus Warzin, der in den amerikanischen Bundesstaat
Wisconsin
will,
bei Glazier/Filby aber aus der preußischen Stadt Wisconsin
zu kommen hat. So ergeht es dann auch Johann Büsing aus Brake
und Emilie Wachs aus Leipzig und Caroline Bahr aus Aschwaren
und ... und ... und .... (NAMP, M 237, R 481: "Habsburg", 27. Okt. 1884,
Bremen - New York; GF 50, 329-333)
Die 338 (von 532) Deutschland zugeordneten Passagiere des Dampfers
"Ems" verlieren alle ihren Herkunftsort; durchgehend bekommen sie den Code
"GRZZZ" aufgedrückt. Von Alsheim bis Windheim wird alles
zu unbekannten Orten in Deutschland. (NAMP, M 237, R 481: "Ems", 10. Nov.
1884, Bremen - New York; GF 50, 375-378) Schon in Band 2 war es den Herausgebern
gelungen, nur 12 von 183 Passagieren der "Diana" die Herkunftsorte nicht
wegzunehmen (NAMP, M 259, R 34: "Diana", 25. Mai 1851, Bremen - New Orleans;
GF 2, 1-2).
Ausschnitt aus der Passagierliste der „Diana“, Bremen - New Orleans, 25. Mai 1851, und aus der entsprechenden Glazier/Filby-Edition dieser Liste. August Müller behält seinen Herkunftsort, die anderen (Ostfriesen) von Filsum bis Burden (Bühren), verlieren ihn.
Und einige Schiffe tauchen erst gar nicht bei Glazier/Filby auf: 1850 z.B. die "Columbia", 1852 z.B. die "Goethe" und 1854 z.B. die "O.Thyen)" (NAMP, M 237, R 90: "Columbia", 13. Juli 1850, Bremen - New York; NAMP, M 255, R 9: "Goethe", 27. Sept. 1852, Bremen - Baltimore; NAMP, M 259, R 40: "O.Thyen", 8. Nov. 1854, Bremen - New Orleans). Das Glazier/Filby-Team ist sich vom 1. bis zum 50. Band treu geblieben.
Ein hinreichend korrekter Namen-Index als vorläufiger Zugang zu
den Passagierlisten auf den Mikrofilmen der National Archives, auch wenn
schon mal aus Johann Schnaecker ein Johann Schumacher wird (NAMP,
M 237, R 373: "Saxonia", 17. Apr. 1873, Hamburg - New York; GF 29, 152-157)
oder ältester brandenburgischer Adel, Wilhelm von Quitzo(w) aus
Rostock, zum bürgerlichen Wilhelm Vonomitzo aus Hessen degradiert
wird (NAMP, M 259, R 37: "Copernicus", 18. Nov. 1852, Hamburg - New Orleans;
GF 4, 176f.).
Es ist keiner Eintragung zu trauen: Tote kommen in Amerika an, Reisende
fehlen, Schiffe fehlen, Orte fehlen - diese vor allem. Da werden Benutzer
gründlich getäuscht und gründliche wissenschaftliche Anstrengungen
vorgetäuscht. Wer einen Namen findet, sollte sich freuen - und alle
Daten anhand der Originale überprüfen. Wer nichts findet, sollte
nicht resignieren, sondern sich mit den Originalen beschäftigen, könnte
es sich doch z.B. um Hayo Frey aus Ihrhove in Ostfriesland handeln
mit seinen Kindern Harm, Hendrik, Jan und Mettje, die von Glazier/Filby
zu "Niederländern" gemacht werden.
Wer seinen Augen nicht traut, wenn er bei Glazier/Filby auf den Radfahrer ("bicycle rider") John Reger stößt, sollte dem Original trauen: da steht Metzger. Das Veloziped wurde wirklich erst 1867 in Frankreich erfunden ... (NAMP, M 255, R 9: "Harvest", 3. Juni 1853, Bremen - Baltimore; GF 5, 45-47). Es könnte der augenzwinkernde Hinweis einer studentischen Hilfskraft sein, daß bei Glazier/Filby kein Ding unmöglich ist!
Was braucht das Glazier/Filby-Team?
Geduld, Humor - und Zugang zu allen Originalen auf Mikrofilm, z.B. in
Washington, z.B. in Fort Wayne, z.B. in Salt Lake City (über die "Kirche
Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" in den USA und in Deutschland
zu beziehen).
Oder sie werden in Oldenburg fündig, wo die Universitätsbibliothek
auf Mikrofilm die Passagierlisten von 1820 - 1897 bereithält (Tel.:
0441-798-3194 Mediothek) und die Forschungsstelle "Niedersächsische
Auswanderer in den USA" weiterhilft und auch Suchaufträge erledigt.
Ein Tip, der allen aus der Klemme hilft: die Herkunftsorte sollten
nicht mehr codiert, sondern so ausgedruckt werden, wie sie auf den Originalen
geschrieben stehen. Lesarten und Korrekturen gehören in die Anmerkungen.
Das wäre eine wissenschaftlich vertretbare Edition, und die Schwindeleien
wären weitgehend vom Tisch.
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Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA - DAUSA * Prof.(pens.) Dr. Antonius Holtmann Brüderstraße 21 a -26188 Edewecht - Friedrichsfehn *Kontakt: antonius.holtmann@ewetel.net |